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Fuerteventura

von Volker Friebel (Autor:in)
15 Seiten

Zusammenfassung

Literarische Texte zu Fuerteventura: Strandspaziergänge, Ausflug in den Süden von Jandia, am Vulkan La Gayria, Weinprobe, Wanderung nach Morro Jable. Als Erweiterung gibt es dazu in einer aufgeführten Netzpräsenz frei zugänglich eine Datei mit etwa 65 Fotos.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Anreise

 

Lüftungsrauschen im Wartesaal des Flughafens, während über dem Rollfeld die Sonne aufgeht. Menschengeplauder vor langsam ziehenden Wolken. Ein Tankwagen fährt vorbei. Nur die Sonne nimmt ihre Energie ganz aus sich selbst. Sie redet nicht. Aber sie singt. Wir warten auf das Flugzeug nach Süden ans Meer. 

 

* 

 

Wolken, die über Wolken ziehen. In den Lücken das Dunkle, tief drunten, ist das Land? Ob da Menschen wohnen, tief unter den Rändern des Himmels? 

 

* 

 

Weit unter uns soll eine berühmte Brücke stehen. Wir sehen sie nicht. Aber vielleicht schaut einer der Erbauer der Brücke durch die Jahrhunderte in den Himmel zu uns herauf, ruft, zeigt anderen Arbeitern den silbernen Drachen hoch in den Lüften. Sie lassen die Steine fallen, starren zu uns auf. 

So viel von dem, was wir heute tun, würde Menschen früherer Zeit als Zauberei erscheinen. Wie Zauberer fühlen wir uns aber nicht. Im Gegenteil verlieren die Träume an Glanz und an Wert, so wie sie verwirklicht werden.  

Wieviel aus seinem Schatz würde wohl Harun al Raschid, der Kalif aus Tausendundeiner Nacht, für eine solche Reise durch den Himmel geben? Wieviel würde Napoleon bezahlen auf seinem Marsch in den Ruhm? Oder Qin Shihuangdi, der nach Unsterblichkeit suchte und sich dabei mit Blei vergiftete? Wir bezahlen jeder für Hin- und Rückflug zusammen den Gegenwert von 78 Kilogramm Brot. Brot ist billig. 

 

* 

 

Die Ketten der Wolken, ihre ganz verschiedenen Formen. Das Geheimnis ihrer Wege, das so offenbar scheint, weil sie doch jeder sieht, das aber dennoch verborgen ist, weil niemand beobachtet, wie sie je ankommen oder sich aufmachen. Die Wolken sind die Wanderer der Welt. Und so verschwinden sie auch, ohne Spur. 

 

* 

 

Tief unten schweben weiße Schiffe – es sind Wolken, die langsam ihre Schatten ziehen, noch einmal tiefer und dunkler, über dem blauen Leintuch des Meeres. Das Brausen der Lüftung ist ein schwacher Ersatz für den Wind, das Menschengemurmel ein kaum besserer für die Schreie der Vögel. Die Luft ist trocken, hier oben im Himmel. Die Liebste schläft neben mir. 

 

Meeresweiten. 

Aus dem Dunst schwebt 

eine einzelne Wolke. 

 

Am Strand

 

Fuerteventura, das sind Strände, das sind auch jetzt, im November, Temperaturen wie im deutschen Frühling. Das sind lange Spaziergänge. Das ist Baden im Meer selbst noch im Winter mit Wassertemperaturen knapp über 20 Grad Celsius. 

Die Füße finden den Sand. Die Kamera findet die Weite des Meeres. Und Wolken, aus denen morgens die Sonne steigt. 

Der Sand unseres Strandes im Süden der Insel, in Jandia, ist hell. Hier und da liegen schwarze Vulkansteine in ihm. An den Biegungen der Küste können diese Steine mehr werden und größer, Felsen, zwischen denen ein Fußpfad geht. 

Die Kamera sucht Spuren von Strandläufern – da kommt eine Welle! 

Nach der Welle weißer Schaum auf dem Sand – wie er vergeht. Auch das Geräusch des Vergehens, ein Knistern. 

Strandläufer fiepen dazwischen, grazile Vögel, sie laufen die anbrandenden Wellen entlang und versuchen, sich mit ihren langen Schnäbeln irgendwo eine Beute zu schnappen. Die nächste Welle wischt jede Spur glatt. 

Außer der Spur der Zeit, die allerdings schwer zu sehen ist. Und doch hat die Zeit Felsen zu diesem Sand zermahlen. Und doch nimmt sie mit jeder Welle Sand hoch und spült ihn wieder zurück ins Meer. 

 

Steigendes Licht. 

Ein Mann schwimmt hinein 

in das Gleißen. 

 

Brandungsdonnern. 

Im hellen Sand 

schwarze Steine. 

 

Die Vögel haben ihre Federn, ein Teil der Menschen ist nackt. Es sind eher nicht die Jungen und Schönen, aber weshalb sollte der Mensch als einziges Wesen der Welt sich verhüllen, wenn die Temperatur keine Kleidung erzwingt? 

 

In der Ferienanlage weiße Gebäude, dazwischen Grün. Aus der Bar tönt Samba pa ti. Mein Herz singt mit, aber meine Seele ist noch ganz bei den Schritten am Saum des Meeres. 

 

Aus der Bar die Musik 

endet. Ich sitze noch immer 

im Rauschen der See. 

 

Im Klang der Brandung 

schwebt ein Vogel. Schwarze Steine, 

im Sand. 

 

Spuren im Sand – 

ihr langsamer Zerfall 

im Brandungsdonner. 

 

Ein Strandläufer flieht 

vor der Welle – die Welle 

zieht ihn nach. 

 

Brandungsdonner. 

Der Flug eines schwarzen Vogels – 

so leicht! 

 

Strandmorgen. 

Krähen plündern die leeren Burgen 

der Menschen. 

 

Spuren am Meeressaum – 

der lange Tisch 

eines Strandläufers. 

 

 

Am Hohlweg von der Anlage zum Strand sitzen Erdhörnchen und Ringeltauben, warten auf Kinder. Leere Erdnuss-Schalen liegen am Boden. Ein Erdhörnchen hockt auf dem Mauerstein, dreht eine Nuss zwischen den zierlichen Händen, knabbert daran. Andere huschen hin und her, versuchen Eindruck zu machen. 

Hinter der Brandung ist Stille. Grünes Flimmern. Mit einer einzelnen Schaumblase platzt die Sonne. Und ist doch überall immer da. 

Hier und da treibt Meergras. Bis an die Küste liegt feiner weißer Sand, am Strand ruhen dann ab und an schwarze Steine zwischen den Körnern. 

Keine Insekten, obwohl es windstill ist. Im Zimmer hatten wir Schnaken. Das Problem, hören wir, sei das viele gepflanzte Grün um die Anlage. Und die relative Windstille der letzten Tage. Eigentlich gäbe es auf Fuerteventura kaum Schnaken. 

Der Schatten eines schwarzen Vogels gleitet über den Strand. Gestern habe ich eine kleine Muschelschale gefunden, sonst nichts. 

Die Menschen sind auch da, jeder in seiner eigenen kleinen Welt. Das Meer, der Strand und der Himmel sind in allen Welten enthalten. Auch sonst gibt es vermutlich Gemeinsamkeiten. Ich bin zu träge, um weiter nach ihnen zu fragen. 

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739408477
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (Januar)
Schlagworte
Meer Fotos Kanaren Fuerteventura Reise Inseln Strand Haiku

Autor

  • Volker Friebel (Autor:in)

Volker Friebel (*1956) ist promovierter Psychologe und Autor von Veröffentlichungen sowohl literarischer als auch fachlicher Art. Er ist selbstständig tätig und lebt in Tübingen.
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Titel: Fuerteventura