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Der Serbe

von H.C. Scherf (Autor:in)
250 Seiten
Reihe: Spelzer/Hollmann-Reihe, Band 2

Zusammenfassung

»Der ist definitiv ertrunken. Die haben ihn noch lebend ins Wasser geworfen, dabei nicht mal seine Hände gefesselt.« Die Aussage der Rechtsmedizinerin Karin Hollmann ist klar und deutlich. Sven Spelzer, mit dem sie schon den Serienmörder Pehling zur Strecke brachte, weiß von Anfang an, wen er für diesen Zeugenmord zur Verantwortung ziehen muss. Die Soko wurde gebildet, um den ›SERBEN‹, wie sie den Gewaltverbrecher nennen, nach Jahren der Erfolglosigkeit, endlich zur Strecke bringen zu können. Brutalster Drogen- und Menschenhandel wird ihm zur Last gelegt. Mögliche Belastungszeugen verschwinden meist spurlos. Doch wer ist der unsichtbare Helfer im Hintergrund? Gibt es einen Maulwurf in den Reihen der Polizei? Wieder werden die beiden Ermittler in einen Einsatz hineingezogen, der sie, wie schon im ersten Band dieser Reihe, an die Grenzen treibt. Als sie bereits an den sicheren Zugriff glauben, hat der Teufel längst die Falle gebaut. Alle Thriller der Reihe sind zwar abgeschlossen und könnten auch unabhängig voneinander gelesen werden. Doch der Spannungsbogen ist größer, wenn die Reihenfolge eingehalten wird.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


 

 

DER SERBE

 

 

Von H.C. Scherf

 

 

Thriller

- Kapitel 1 -

Mit dem Messer in der erhobenen Hand näherte er sich unaufhaltsam, erzeugte einen bedrohlichen Schatten auf der schwach beleuchteten, feuchten Kellerwand. Der abbröckelnde Putz ließ diese Szene besonders schaurig erscheinen. Muffiger Geruch betäubte gleichzeitig die Sinne. Nichts konnte den Killer noch aufhalten, der sein Werk nun endgültig beenden wollte. Schlurfende Schritte erzeugten Gänsehaut, ließen den Körper des Opfers in Erwartung des tödlichen Stoßes erstarren. Das lange Messer drang in den Hals ein. Ein nervenzerfetzendes Knirschen entstand, als die Klinge die Nackenwirbel durchbohrte. Der Schmerz hielt nur kurz an, da die Nervenbahnen augenblicklich durchtrennt wurden.

Begleitet von einem Aufschrei schnellte Svens Oberkörper in die Höhe. Er stieß das Oberbett von sich, versuchte, sich zu orientieren. Der Schweißfilm, der sich auf seinem Körper gebildet hatte, durchnässte seinen Pyjama komplett, ließ ihn auf der Haut kleben. Karin schüttelte Sven. Ihre Hand glitt zärtlich über sein Gesicht.

»Es war nur ein Traum, Schatz. Beruhige dich wieder. Einfach nur ein böser Traum.«

Sven Spelzer atmete immer noch gehetzt, versuchte sich in der scheinbar fremden Umgebung zu orientieren. Allmählich wurde er sich dessen bewusst, dass er wieder einmal von Erinnerungen heimgesucht wurde, die er so gerne endgültig vergessen machen wollte. Karin Hollmann hatte sich mittlerweile daran gewöhnt, dass Sven plötzlich mitten in der Nacht von Träumen geplagt hochschreckte. Nur zu gut wusste sie, was dieser Mann noch vor Monaten durchmachen musste. Der Fall des Isenburg-Killers steckte noch allen Ermittlern in den Knochen. Selbst Karins Geist verarbeitete ab und zu das Geschehen in wilden Traumbildern. Jedoch hatte sie nicht annähernd das durchstehen müssen wie Sven. Trotzdem wünschte sie sich nichts sehnlicher, als dass diese Bestie in der geschlossenen Psychiatrie verrotten möge.

»Habe ich dich wach gemacht, Liebes? Es tut mir leid, aber ...«

»Psssst, mach dir deshalb keine Sorgen, Svenni. War es derselbe Traum? Versuche, wieder einzuschlafen, morgen ist ein neuer Tag. Und denke daran, dass wir in wenigen Wochen den Urlaub in Thailand genießen können. Leg dich hin und entspann dich.«

»Du sagst das so. Wir haben sowieso schon sechs Uhr durch, da kann ich auch gleich aufstehen und das Frühstück machen. Der Termin bei Doktor Haller ist schon um neun. Du kannst noch etwas schlummern. Ich weck dich, wenn der Kaffee durch ist.«

Er küsste Karin auf die Stirn und zog ihr das Oberbett bis hoch zu den Schultern. Sie schloss die Augen und genoss die wenigen Minuten, die ihr noch blieben, bis Sven sie zum Frühstück rief. Auch sie hatte heute einen schweren Tag mit drei Obduktionen, bei denen die Todesursache zweifelsohne festgestellt werden musste. Ihr Gutachten als Rechtsmedizinerin sollte in dem Fall einer verstorbenen, aber vermögenden Mittvierzigerin vor Gericht entscheiden, ob ein Verdächtiger des vorsätzlichen Mordes angeklagt werden sollte. Der Hausarzt hatte zwar den Totenschein mit der pauschalen Diagnose Herztod ausgestellt, der Amtsarzt im Krematorium äußerte daran jedoch berechtigte Zweifel. Die sich anschließenden Ermittlungen ergaben, dass kurz zuvor eine Lebensversicherung über fünfhunderttausend Euro abgeschlossen wurde. Eine verdächtige Einstichstelle im Lendenbereich nährte zusätzlich die Annahme, dass hier ein Außenstehender eventuell nachgeholfen haben könnte.

Als warme Lippen ihre Wange berührten, drehte sich Karin auf die Seite und schnurrte wie eine Katze. Sie umarmte den Mann, der sie vor gar nicht langer Zeit aus den Fängen eines Serienkillers gerissen hatte. Dass er dabei sein eigenes Leben fast verloren hätte, würde sie ihm niemals vergessen.

- Kapitel 2 -

»Bringt ihn rein!«

Kladicz wartete ruhig ab, bis seine beiden Bodyguards den schmächtigen Mann über den Boden gezogen und auf den Stuhl gepresst hatten. Nur einen Moment sah er in Augen, deren Pupillen wild umherirrten. Scheinbar unbeeindruckt wanderte Kladicz zum Sideboard, um sich in aller Seelenruhe einen Cognac einzugießen. Während er das Glas in Augenhöhe schwenkte und die Färbung des Getränks begutachtete, genoss er das ängstliche Wimmern seines Gastes. Ohne sich umzudrehen, forderte er seine Leute dazu auf, den Mann festzubinden.

»Nein, bitte nicht, ich habe doch alles gesagt, was ich weiß. Die Bullen haben mich wirklich laufen lassen. Kein Sterbenswort habe ich den Schweinen verraten. Ich schwöre es beim Leben meiner Mutter.«

»Du solltest dir gut überlegen, wen du für deine falschen Schwüre sterben lässt, du Furz. Deine verfickte Mutter ist schon fünf Jahre tot. Lass uns noch ein einziges Mal über deine Aussage reden, Renato. Ich tu mich schwer damit, dir abzunehmen, dass du standhaft geblieben bist. Wenn nicht diese verdammten Bullen am Container aufgetaucht wären und mir die zwanzig Kilo Crack beschlagnahmt hätten, säßen wir jetzt nicht hier und würden auch nicht über einen Verrat nachdenken. Ich könnte jetzt bei einer schönen Frau im Pool abhängen und mir die Eier kraulen lassen. Fredi, frag diesen Scheißer bitte noch ein letztes Mal, was er denen gesteckt hat.«

Mit schreckgeweiteten Augen sah Renato die Hünengestalt auf sich zukommen. Er zerrte verzweifelt an seinen Fesseln, die ihn brutal in der Position hielten. Das kurze Messer in Fredis Hand blitzte auf, bevor es sich nur Sekunden später in den Oberschenkel des Gefangenen bohrte. Kladicz zuckte mit keinem Muskel, als der Schrei durch das Haus hallte. Ein zynisches Grinsen umspielte seinen Mund. Genießerisch leerte er sein Glas und goss den verbliebenen kleinen Rest in die Wunde. Wieder dieser Schrei.

»Diese Schmerzen haben gewisse Vorteile. Es wird neben dem Adrenalin auch viel Blut in den Schädel gepresst. Das bewirkt, dass der Bereich, in dem die Erinnerungen lagern, ordentlich befeuert wird. Den meisten Menschen fallen dann wieder Dinge ein, die sie schon längst vergessen glaubten. Du glaubst gar nicht, was wir damit schon alles erreicht haben. Stärkere Männer als du haben darum gebettelt, uns was erzählen zu dürfen. Fredi versteht sich darauf, dass der Blutverlust gering ist, der Schmerz aber umso größer. Dem macht es Spaß, die Befragung lange hinauszuzögern.

Nur mir, das will ich dir sagen, macht es keinen Spaß, lange warten zu müssen. Das macht mich zornig, sehr zornig. Du Judas hast mir schon jetzt auf das teure Parkett gepinkelt, das gefällt mir nicht. Mach jetzt endlich das verdammte Maul auf.«

Stumm gab er Fredi ein Zeichen, der die Klinge in Renatos Handrücken stieß. Ungläubig starrte der auf seine Hand. Bevor er wieder loskreischen konnte, verschloss Fredis Pranke Mund und Nase. Nur ein Gurgeln drang durch dessen Finger. Das Gesicht wechselte in ein ungesundes Blau. Einen Augenblick, bevor Renato das Atmen endgültig einstellte, zog Fredi die Hand zurück und bewegte die Klinge vor Renatos Gesicht. Noch während der nach Luft rang, stützte Fredi seine freie Hand auf die Wunde im Oberschenkel.

»Ich ... ich sage ja ... aufhören damit ... bitte.«

»Ich verstehe dich nur sehr undeutlich. Was hast du soeben gesagt? Willst du mir etwas mitteilen, du Zwerg?«

»Ja, ja ... ich habe diesem Bullen ... ich habe ihm den Tipp gegeben. Aber die haben mich gefoltert, Chef. Die haben mich unter Druck gesetzt. Das wird nie wieder passieren ... nie wieder. Ich verspreche das.«

»Hör mir zu, du Stück Dreck. Du scheinst nicht zu wissen, wie recht du mit deinem Versprechen hast. Ich werde dafür sorgen, dass du es auch einhalten wirst. Dein loses Maul hat mir viele, viele Tausend Euro gekostet. Außerdem hast du mich in der Szene zur Lachnummer gestempelt. Das schadet meinem Image. Du sollst allen anderen Pissern ein Beispiel dafür sein, was passiert, wenn man mich hintergeht. Schafft mir den Kerl endlich aus den Augen. Und bitte, seid besonders nett zu ihm!«

Renatos an sich schon mickrige Gestalt schrumpfte noch mal um einige Zentimeter. Er hing wie ein lebloser Sack zwischen den beiden Kleiderschränken, die alle anfallende Drecksarbeiten für den Boss erledigten. Renatos Muskeln versagten nun endgültig den Dienst. Seine Stimme ließ nur noch ein klägliches Wimmern zu. Kladicz goss sich einen weiteren Cognac ein, trank ihn in einem Zug und legte den Bademantel ab. Er betrachtete seine Gespielin, die ihm über den Poolrand mit laszivem Lächeln entgegensah.

- Kapitel 3 -

Der Praxisraum von Doktor Haller besaß eine riesige Fensterfront, die den Blick auf einen Teil der Essener Innenstadt freigab. Hoch über den Kronen dreier Pappeln streckte sich die Silhouette des Rathauses in den trüben Himmel. Mit tief in den Taschen vergrabenen Händen stand Sven am Fenster und genoss das Prasseln des Platzregens gegen die Scheiben. Es hatte etwas Beruhigendes. Die Augenblicke des Runterkommens, der Ruhe, taten ihm gut; es waren die Momente, wenn die allgegenwärtige Gewalt einmal draußen bleiben musste. Das wusste auch Doktor Haller, der von Sven unbemerkt ins Zimmer getreten war und ihn beobachtete.

»Herrlich, nicht wahr, Herr Spelzer? Dieser Regen hat auch sein Gutes. Er vermittelt uns recht einfach, dass die Natur unsere Seele positiv ansprechen kann. Sie werden sehen, dass der Tropenregen, den Sie in wenigen Wochen erleben dürfen, einen Teil des Mülls, der sich in uns angesammelt hat, einfach wegspülen kann. Ich genieße das auch einmal im Jahr. Zur Regenzeit finden Sie mich im Südosten, im Golf von Siam. Dann erhole ich mich auf der Insel Koh Chang. Einfach göttlich, sage ich Ihnen.«

Sven mochte diesen Seelenklempner, der sich nun schon mehrere Monate darum bemühte, Svens innere Konflikte, seine Ängste herauszufiltern. Sie nahmen sich jedes einzelne Detail vor und analysierten die Ursachen. Obwohl ihn die Träume immer noch quälten, konnte er den Job wieder ohne Ängste ausüben. Der Aufenthalt in dunklen, engen Räumen bereitete ihm noch manchmal Probleme. Dann setzte das Zittern ein, die Angst, dass dieser wahnsinnige Pehling wieder Hand an ihn legen würde. Der bloße Gedanke, dass ihn jemand in seiner Beweglichkeit einschränken, ihn fesseln könnte, rief Aggressivität in ihm hervor. Doch das wollten sie später gemeinsam angehen. Haller hatte da eigene Methoden.

Wie zu jedem Sitzungsbeginn kochte Haller ihnen einen Filterkaffee, dessen Zubereitung er schon fast zelebrierte. Der große Mann, der seine bereits angegrauten Haare im Nacken zum Zopf gebunden hatte, schwor auf die alte Methode, war ein bekennender Müllvermeider.

»Ist es wieder passiert?«

Sven überraschten solche Fragen nicht mehr, da er davon überzeugt war, dass Haller in seinen Gedanken wie in einem offenen Buch lesen konnte. Er drehte sich nicht einmal um.

»Heute Nacht, da kam er wieder in den Keller. Aber Sie hatten recht. Bevor er mich quälen konnte, bin ich aufgewacht. Das Unterbewusstsein scheint mich tatsächlich vor Schmerz zu bewahren. Aber es muss doch irgendwann einmal vorbei sein. Die Träume zerstören die Nachtruhe, ich finde nur schwer Erholung.«

»Geduld, Herr Spelzer, Sie müssen dem Verstand schon etwas Zeit geben. Sie sind schließlich nicht nur vom Fahrrad gestürzt. Bei Ihnen sind Teile des Gehirns an Grenzen gekommen, die bei den meisten Menschen irreparabel sind. Sie können von großem Glück reden, dass wir uns überhaupt darüber austauschen können. Sie besitzen eine enorme psychische Kraft, die Sie vor dem Schlimmsten bewahrt hat. Für mich ist das schon ein kleines Wunder. Sie nehmen nur Milch im Kaffee, wenn ich mich recht erinnere?«

Sven nickte, während er immer wieder auf seine Uhr blickte. Das war Haller nicht entgangen, der ihn unauffällig beobachtete. Er wusste um all die Veränderungen, die Sven nach seiner Gefangenschaft im Keller des Serienkillers Pehling heimsuchten. Dazu gehörte auch diese innere Unruhe, Spätfolge der Schlafstörungen und der damaligen Verabreichung eines undefinierbaren Drogencocktails. Doktor Haller wusste, dass noch eine lange Zeit der gemeinsamen Arbeit vor ihnen lag.

Eine Stunde lang quälte sich Sven Spelzer durch die Sitzung, die er zwar als notwendig erachtete, ihn aber immer wieder aus seiner Arbeit herausriss. Kriminalrat Fugger hatte auf diese Therapie beim Psychologen konsequent bestanden. Er wollte seinen besten Mann nicht zum Psychokrüppel verkommen lassen – so ähnlich jedenfalls hatte er sich ausgedrückt. Karin unterstützte ihn in dieser Ansicht und achtete darauf, dass Sven keine Sitzung schwänzte.

 

Sven fiel schon auf dem Flur die Unruhe auf. Kollegen und Kolleginnen aus anderen Dezernaten kamen ihm auf dem Flur entgegen, grüßten flüchtig und verschwanden hinter der Tür zum Besprechungsraum. Er glaubte sogar, Musik zu hören. Neugierig geworden steckte er den Kopf durch den Türspalt. Gesprächslärm, gemischt mit einem Helene-Fischer-Song, schlug ihm entgegen. Mittendrin entdeckte er Hörster, dem ständig auf die Schulter geschlagen wurde. Plötzlich fiel es Sven wie Schuppen von den Augen, dass heute die interne Feier zur Beförderung von Hörster zum Kommissar anstand. Der tiefe Bass von Kriminalrat Fugger ließ Sven zurückschnellen.

»Gehen Sie ruhig rein, Spelzer. Sie dürfen heute auch mitmachen. Ihre Beförderung zum Oberkommissar haben wir ja auch gebührend gefeiert. Ich finde, dass Hörster das wirklich verdient hat. Der war damals so unendlich glücklich darüber, dass er Sie aus der Hand dieses Verrückten befreien konnte. Gehen Sie rein und lassen Sie die bösen Buben da draußen einen Augenblick aus den Augen. Die Welt wird deshalb nicht gleich untergehen. Sie waren doch bei Doktor Haller, oder?«

Fuggers Blick war ernst geworden, als er mit seiner Begrüßung endete. Sven wusste, dass er immer bei Haller nachfragte, ob er denn auch brav erschienen war. Dieser Mann besaß ein Herz für seine Leute, das war Sven spätestens bei dem Fall des Isenburg-Killers klar geworden. Stumm nickte er und ließ sich von dem laufenden Fleischberg in den Raum drücken. Ohrenbetäubender Lärm begleitete Svens Gratulation an seinen Lebensretter. Sven sah sich im Raum um. Karin hatte in den letzten Tagen angedeutet, dass sie ebenfalls zu dieser Feier eingeladen und gewillt war, hinzugehen. Er fand sie jedoch nicht. Die Kollegen ließen ihm keine Gelegenheit, sich darüber Gedanken zu machen, zumal sie beim Frühstück davon gesprochen hatte, eine wichtige Obduktion durchführen zu müssen.

- Kapitel 4 -

Karin Hollmann betrachtete die Einstichstelle im Bereich neben der unteren Lendenwirbel durch eine Lupe. Für sie stand zweifelsohne fest, dass genau hier die Spritze angesetzt worden war, mit der die tödliche Menge an Insulin zugeführt wurde. Ein glücklicher Zufall, der dem Amtsarzt im Krematorium zu Hilfe kam, nachdem der Hausarzt bereits einen natürlichen Tod attestiert hatte. Einmal mehr bestätigte sich die Notwendigkeit, vor dem Verbrennungsprozess noch den Amtsarzt eine Leichenbeschauung vornehmen zu lassen. Zu oft übersahen ungeschulte Hausärzte wichtige Hinweise auf eine Gewalttat. Nun hieß es, für das Morddezernat zu ermitteln, wer für diese Tat verantwortlich war. Karins Gutachten für das spätere Gerichtsverfahren würde eindeutig sein. Sie zog das weiße Laken wieder über die weibliche Leiche.

»Eine schöne Frau, die viel zu früh starb. Ich werde das niemals verstehen können, wozu Menschen fähig sind, um ihre Geldgier zu befriedigen.«

Karins heutiger Praktikant, ein Medizinstudent, den sie vier Wochen an ihrer Seite haben würde, schob die Bahre wieder zurück in den Kühlschacht. Er zog den Mundschutz vom Gesicht und setzte sich gegenüber seiner Chefin, die ihre Ergebnisse in den Computer eingab. Karin ließ die Bemerkung unkommentiert, blickte aber erstaunt auf, als Kevin Holstein fortfuhr.

»Entschuldigen Sie, Frau Hollmann, wenn ich Sie das frage, aber es interessiert mich eben. Es hat sich ja herumgesprochen, dass Sie sich einige Tage in den Händen dieses Isenburg-Killers befunden haben.«

»Halt mal, einen Augenblick. Es hat sich wo herumgesprochen?«

»Nun ja, irgendwer hat das bei einem Studenten-Treffen am Tisch erzählt. Außerdem wurde dieser Fall im Hörsaal bei einer Psychologie-Lesung behandelt.«

»So so, dann werde ich jetzt schon zu Lebzeiten zu Studienzwecken missbraucht. Ganz toll. Was wollen Sie wissen? Sie möchten doch bestimmt was Interessantes zum Thema beitragen können, oder nicht? So aus erster Hand.«

Die Verlegenheit konnte Kevin nicht verbergen, sein hochroter Kopf verriet ihn.

»Ich ... ich hätte nur gerne gewusst, was das für ein Gefühl ist, wenn man weiß, dass dieser Täter sich nur wenige Schritte entfernt aufhält. Ich habe gehört, dass man ihm ein künstliches Knie verpasst hat. Der wird dann wohl bald wieder halbwegs normal laufen können. Ich werde verrückt, wenn ich darüber nachdenke, dass dieser Mörder jetzt auch noch eine Gesichts-OP auf Staatskosten erhalten soll. Die wollen ihm diese hässliche Narbe beseitigen, weil er sich von innen immer wieder auf die alte vernarbte Wunde beißt. Soll er doch daran verrecken, dieses Biest.«

Karin sah ihren Praktikanten völlig konsterniert an. Sie hatte davon gehört, dass Pehling wegen des Knies unters Messer sollte, doch von der Gesichts-OP hatte sie keine Ahnung.

»Sie sind ja da besser im Thema als ich. Ich wusste lediglich, dass ihm ein Gelenk und eine neue Kniescheibe implantiert wurden. Die Bänder sind geflickt worden. Also, eines ist sicher, damit wird der keine Skiabfahrt mehr machen können. Man hatte im Stillen gehofft, dass er von nun an im Rollstuhl sitzen muss. Ich meine damit die Kollegen, die ihn festnahmen. Sie sagen, dass man ihm auch noch das Gesicht verschönert hat? So eine Verschwendung. Ich fand, dass ihm diese fiese Narbe ausgezeichnet stand. Kann ja sein, dass die in der forensischen Psychiatrie Schönheitswettbewerbe veranstalten und den Dreckskerl dafür herrichten.«

»War das denn eindeutig, dass dieser Mistkerl nicht nach normalem Strafrecht verurteilt werden konnte? Die hätten sich im Knast bestimmt auf den Kindermörder gefreut.«

Auf Karins Stirn bildeten sich Falten, bevor sie sich zu Kevin vorbeugte.

»Dem wurde Schizophrenie unterstellt. Fertig. Sie müssen wissen, dass etwa ein Drittel der Menschen einmal im Leben psychisch krank wird. Wir haben allein in Deutschland etwa eine Million Schizophrene. Nur selten wird einer davon durch eine Tötungshandlung auffällig. Doch die wenigen bekannten Fälle erzeugen natürlich ein großes Medieninteresse. So entsteht schnell der Eindruck, dass diese Mörder fast alle in die Klapse kommen, wie es der Volksmund so schön bezeichnet.

Bedenken Sie aber auch, dass die Zeit darin oftmals doppelt so lang ist, als wenn man Straftäter ins Gefängnis stecken würde. Ganz so einfach ist der Maßregelvollzug, also die Forensik, nicht zu sehen. Hier müssen sich die Patienten tagtäglich mit ihrer Tat auseinandersetzen, anstatt nur die Haftstrafe abzusitzen.«

Fasziniert hatte Kevin gelauscht. Er verfolgte Karin Hollmann mit den Augen, die zum Nebentisch ging und sich das Smartphone ans Ohr hielt, das ungeduldig auf der Tischplatte rotierte.

»Tut mir leid Sven. Bestell Hörster meine besten Wünsche zur Beförderung. Ich konnte hier nicht weg. Da war der seltsame Fall dieser Frau auf meinem Tisch, die wir aus dem Krematorium erhielten. Es war Mord, definitiv. Da werdet ihr wohl wieder was zu tun bekommen.«

»Über Arbeit können wir uns nicht beschweren. Ich muss gleich zum Stadthafen. Ein Baggerschiff hatte einen Leichnam in der Schaufel. Allerdings hat der Greifer den mittendurch geschnitten, als er sich schloss. Jetzt suchen Taucher nach der unteren Hälfte des Toten. Die Einzelteile wirst du wohl im Laufe des Tages auf den Tisch bekommen. Ich hoffe, dass ich es heute Nachmittag auch zu dir schaffe. Was essen wir übrigens zu Abend?«

»Verdammt, was ist das denn für eine Frage? Du servierst mir Einzelteile einer Wasserleiche und fragst im gleichen Atemzug, was wir zum Abendbrot servieren? Du bist pervers!«

»Das sind die Folgen, wenn man sich als Mann mit einer Beschäftigten aus der Rechtsmedizin einlässt. Ich überlege ernsthaft, ob ich zum veganen Essen wechsel. Bei totem Fleisch spüre ich in der letzten Zeit immer wieder gewisse Ablehnungen. Früher habe ich mein Steak immer medium rare gegessen, mittlerweile muss ich es well done haben. Schon der Fleischsaft erinnert mich an deinen Arbeitsplatz.«

»Bist du jetzt fertig mit deiner Frotzelei? Du bist ein scheinheiliger Bastard. Zur Strafe gibt es heute Abend Tatar mit Zwiebelringen. Das Fleisch besorge ich selbst, bin ja schließlich an der Quelle.«

»Oh Gott. Da behauptet die Frau doch glatt, dass ich der Perverse bin. Muss jetzt abbrechen, die Spurensicherung wartet auf mich. Bis nachher, Liebes.«

 

 

- Kapitel 5 -

Das Boot der Wasserschutzpolizei lag ruhig auf dem Wasser. Drei Beamte beobachteten aufmerksam die Wasseroberfläche, an der sich immer wieder die Luftblasen der eingesetzten Taucher ausbreiteten. Sven hatte den Kragen seines Parkas hochgestellt, um sich vor dem kalten, böigen Wind zu schützen. Nur die Leute der Spurensicherung liefen suchend durch die angrenzenden Gebüsche und Parkflächen. Sie hofften, Spuren zu finden, die Hinweise darauf lieferten, wie der Leichnam hierher transportiert worden war. Keine leichte Aufgabe, denn gerade hier befand sich eine Kaimauer, an der häufig Ladungen von den Schiffen gelöscht wurden. Unendlich viele Reifenspuren vermischten sich mit Müll und Fußabdrücken. Ruhnert, Chef der Spurensicherung, stand nachdenklich neben Sven und versuchte, mit dem Schirm den Nieselregen abzuhalten. Ein total beschissenes Wetter.

Noch immer spürte Sven den Anblick des Toten wie einen Klotz im Magen. Er würde sich nie an den Anblick von Wasserleichen gewöhnen können. Ihr Äußeres besaß etwas besonders Gruseliges, hauptsächlich dann, wenn sie schon einige Zeit im Wasser lagen. Das Wasser veränderte ihre Haut auf eine besondere Art und Weise. Eine bekannte Stimme holte ihn aus seinen unerfreulichen Gedanken.

»Hallo Sven, hallo Ruhnert. Habt ihr die andere Hälfte schon gefunden? Ich seh mir schon mal den Oberkörper an. Kann ich den Torso bewegen, oder müsst ihr noch dran?«

Ruhnert drehte sich um und beeilte sich, der lieben Kollegin Hollmann zur Hand gehen zu können. Die Plane nahm er in dem Augenblick hoch, als auch Sven eintraf. Der bemühte sich, den Blick von den menschlichen Überresten abzuwenden. Er beobachtete, wie sich Karin an dem männlichen Leichnam zu schaffen machte. Sein Magen drohte zu rebellieren.

»Ich würde auf drei bis vier Tage tippen. Die Hohlhand ist schon weiß, die Waschhaut beschränkt sich also nicht mehr nur auf die Fingerspitzen. Ich kann aber noch die Fingerabdrücke nehmen, eine Leichendaktyloskopie ist noch ohne großen Aufwand möglich. Vielleicht bekommen wir dadurch mehr über den Toten raus. Jetzt mal abgesehen von den hässlichen Wunden im Bauchbereich, die wohl die Baggerschaufel verursacht hat, finde ich es seltsam, dass der Tote im Gesichtsbereich diese Blässe aufweist.«

»Was ist denn daran so außergewöhnlich? Sind die nicht alle blass und blutleer?«

Sven hatte aufmerksam zugehört und schob sich wieder näher an den Ort des Geschehens heran.

»Ich kann deine Frage verstehen, wenn es sich um eine frische Wasserleiche handeln würde. Die ist in der Tat blass und hat eine schwache Ausbildung der Waschhaut, also diese runzelige Haut, wie du sie nach einem langen Wannenbad an den Fingern erhältst. Jetzt muss man wissen, dass die Toten in der Regel kopfüber, senkrecht im stilleren Wasser treiben. Dabei sammelt sich das Blut durch die Schwerkraft im Kopfbereich. Diese Hypostase gibt uns einen ungefähren Aufschluss darüber, wie lange der Tote bereits im Wasser war. Dann entwickeln sich bei längerem Aufenthalt eine rote bis blauviolette Färbung, also diese Totenflecken. Bei besonders langer Verweildauer entsteht sogar ein Durchschlagen des Venennetzes an der Brusthaut. Hier finden wir jedoch totale Blutleere.«

»Was schließt du daraus?«

»Ich würde einmal sagen, dass hier nachgeholfen wurde und der Tote verkehrt herum im Wasser stand.«

»Betonfüße«, warf Ruhnert knurrend in die Runde.

»Genau, da tippe ich auch drauf. Deshalb hat die Baggerschaufel nur den Oberkörper gegriffen und abgetrennt. Den Rest werden die Taucher wohl am Boden des Kanals finden. Die Gewichte an den Füßen haben verschiedene Dinge bewirkt. Die Leiche konnte weder auftauchen noch wegtreiben. Außerdem blieb sie zu unserem Glück davon verschont, von Schiffsschrauben zerrissen zu werden. Allerdings sind erhebliche Verletzungen am Körper zu erkennen, was bedeuten könnte, dass der Tote zuvor kräftig in die Mangel genommen wurde. Ob er schon vor dem Versenken tot war, wird die Obduktion ergeben. Seht, die Taucher haben da was gefunden.«

Alle versammelten sich an der Kaimauer. Sven, der neben Karin stand, versuchte, unauffällig nach ihrer Hand zu greifen. Ruhnert war das nicht entgangen. Ein Lächeln umspielte sein gutmütig wirkendes Gesicht. Ein Taucher rief nach einem Seil und verschwand damit wieder in der Tiefe des Hafenbeckens. Die Winde auf dem Polizeiboot quietschte dezent, als man den Rest des Opfers heraushievte. Mittlerweile hatten sich mehrere Hafenarbeiter auf der gegenüberliegenden Kaimauer versammelt, die sich jedoch erschüttert abwandten, als das ablaufende Wasser den Blick auf den Rumpf des Mannes freigab. Das Boot steuerte näher an die Hafenmauer heran und die Männer legten den Betonklotz ab, aus dem zwei Beine und das Becken herausragten.

»Treffer!«

Weiter äußerte sich Ruhnert nicht dazu, bevor er begleitet von Karin sich dem grausamen Fund näherte. Bis zu den Knien hatten die Täter ihr Opfer einbetoniert und im Hafenbecken versenkt. Die Trennung des Körpergewebes durch die Baggerschaufel war sauber vollzogen worden. Die Arbeit bestand jetzt darin, die Füße wieder von dem Beton zu befreien.

»Seht ihr? Das Blut ist komplett in die unteren Extremitäten gelaufen. Hier finden wir die erwarteten Totenflecken. Ich meine, sobald wir ihm die Kleidung entfernt haben. Na dann viel Spaß bei der Arbeit mit dem Presslufthammer, meine Herren. Den ersten Teil könnt ihr mir ja schon in die Rechtsmedizin bringen. Ich hätte heute sowieso nicht gewusst, was ich vor lauter Langeweile hätte tun sollen.«

Ruhnert spielte den ständig Gehetzten.

»Wann kann ich die ersten Ergebnisse ...?«

»Langsam, langsam, junger Mann. Ich habe meinen Kunden noch nicht auf dem Tisch, da willst du schon erste Kontakte knüpfen. Such doch schon mal in deiner Verbrecherkartei. Ich möchte drauf wetten, dass du die Visage dort finden wirst. Das sieht mir nach einer Bestrafung nach Mafiaart aus. Ich muss jetzt wieder zurück. Das Gutachten wartet. Wir sehen uns heute Abend? Bei mir oder bei dir?«

»Weder noch, meine liebe Frau Doktor. Wir sind doch heute zum Essen beim Griechen. Du erinnerst dich?«

»Okidoki, alles klar, Herr Kommissar ... oh, sorry, Herr Oberkommissar.«

- Kapitel 6 -

Der Polizeibeamte blickte gelangweilt den Flur entlang. Sein Gefangener war vor einer Viertelstunde aus der Physiotherapie zurück. Es rang Polizeimeister Engelhardt eine gewisse Bewunderung ab, mit welcher Energie dieser Gewaltverbrecher Pehling dafür trainierte, wieder sicher laufen zu können. Eine Knie-OP war ja schließlich kein Pappenstiel. Dazu kam, dass er kurz danach noch diese Gesichtsoperation hat über sich ergehen lassen müssen. Durch die große Glasscheibe verfolgte Engelhardt den großen Mann, dessen rechte Gesichtshälfte von einem breiten Verband verdeckt wurde. Immer wieder setzte er die Krücken auf den Boden und schob das verletzte Bein nach vorne. Sein Keuchen war bis auf den Flur zu hören. Dass sein Hemd hinten nicht gänzlich geschlossen war und sein Gesäß deutlich zu sehen war, störte den Gefangenen nicht. Er gab einfach nicht auf.

Jetzt, nach immerhin fast drei Wochen, war diese Bewachung des verurteilten Mörders schon Routine und trotz Wechsel mit den anderen Kollegen ziemlich langweilig. Engelhardt wusste um die schrecklichen Taten des Mannes, der auf ihn allerdings einen völlig normalen und entspannten Eindruck machte. Immer, wenn er den Raum betrat oder er den Gefangenen zu einer Reha-Maßnahme begleiten musste, grüßte dieser freundlich. Es gab sogar Augenblicke, in denen sie Persönliches austauschten. Pehling hatte ihm noch gestern Tipps gegeben, wie er seine Terrassen-Platten langfristig von Moos und Schimmel befreien konnte.

Sie hatten ungeachtet der Vorschriften sogar schon in den Nachtstunden eine Partie Rummikub gespielt. Auf diese Art und Weise ließ sich dieser langweilige Job erträglicher gestalten. Seine Frau allerdings fand es gruselig, dass ausgerechnet er zu den Leuten zählte, die dieses Monster bewachen mussten. Zu viel hatte sie über die grausamen Taten des Killers gehört und gelesen. Engelhardt hatte dafür nur ein gnädiges Schmunzeln übrig. Was wussten die Medien schon? Sie lebten doch davon, alles aufzubauschen und Tatsachen zu verfälschen.

Erst kurz bevor das Abendbrot auf der Station ausgeteilt wurde, beendete Pehling seine Bemühungen und kroch zurück ins Bett. Geduldig wartete er darauf, dass ihm das vorbereitete Essen vorgesetzt wurde. Er genoss den Service, dass ihm alles mundgerecht serviert wurde. Niemand wollte riskieren, dass er mit scharfkantigem Besteck weiter Unheil anrichtete bzw. einen Suizid versuchte. Engelhardt nahm der Schwester das Tablett ab und trug es an Pehlings Bett. Mit dem Glöffel rührte der in seiner Tomatencremesuppe, bevor er sie vorsichtig probierte. Polizeimeister Engelhardt setzte sich etwa einen Meter entfernt auf den Besucherstuhl und beobachtete seinen Gefangenen, während dieser sich bis zum Joghurt durchgearbeitet hatte. Mit der Serviette tupfte er sich den Mund sauber.

»Ihre Frau kocht bestimmt jeden Tag frisch und viel besser. Diesen Schlangenfraß würden Sie bestimmt nicht auf Dauer akzeptieren, oder irre ich mich da? Meine Mutter konnte überhaupt nicht kochen, die hatte kein Händchen dafür.

Was ich Sie übrigens schon lange fragen wollte, Herr Engelhardt. Machen Sie diesen Job eigentlich gerne? Ich meine jetzt nicht gerade dieses Bewachen eines Gefangenen, sondern den Polizeidienst im Ganzen. Klar, dass ich nicht gerade zu diesen Menschen gehöre, die euch allzu gerne sehen, aber dennoch bewundere ich die Männer und Frauen, die sich in den Dienst des Staates stellen. Und dann auch noch bei dieser miesen Bezahlung.«

Engelhardt nickte. Dieser Pehling hatte genau den wunden Punkt getroffen, der ihm schon lange wie ein Kloß im Magen saß. Sie mussten ständig ihren Arsch riskieren, wurden angespuckt und jeder Bankangestellte im vierten Berufsjahr verdiente mehr als er. Das war auf keinen Fall gerecht.

In letzter Sekunde konnte er die Suppentasse auffangen, die vom Tablett kippte. Dass der Teller und die Dessertschale auf dem Boden zerschellten, konnte er allerdings nicht mehr verhindern. Pehling krümmte sich zusammen, da der Schmerz aus dem Knie ihm den Atem nahm.

»Oh, entschuldigen Sie, das wollte ich nicht. Dieses verdammte Knie bringt mich noch um. Ich klingel nach der Schwester, lassen Sie das ruhig liegen. Da hat sich ja auch noch der Suppenrest auf dem Boden verteilt. Scheiße.«

»Kein Problem, ich heb das Porzellan auf und bring das Tablett raus. Die Schwester kann dann das Essen aufwischen. Sie bleiben liegen. Die können Ihnen ja den Schmerztropf wieder anschließen.«

Engelhardt nahm vorsichtig die Scherben auf, legte sie auf das Tablett und verschwand nach draußen. Er stellte es auf das Tischchen, das man ihm netterweise neben seinen Stuhl platziert hatte. Als er durch die Scheibe nach seinem Gefangenen sah, war dieser schon eingeschlafen und lag ruhig in seinem Bett. Engelhardt sah nicht den Glöffel, den Pehling in der Hand unter der Bettdecke versteckt hielt.

- Kapitel 7 -

Selbst die Füße des Getöteten waren mittlerweile vom Beton befreit. Karin hatte ihre Arbeit am Torso beendet und wendete sich dem unteren Teil des Objektes zu, das irgendwann einmal einen kompletten Menschen ausgemacht hatte. Der Mann war lediglich bis unterhalb des Knies eingegossen worden, sodass Karin sofort die tiefe Wunde am Oberschenkel auffiel. Sie blickte kurz auf, als Sven den Raum betrat. Sofort winkte sie ihn heran.

»Du kommst gerade richtig. Siehst du hier den Einstich? Der Mann war mit Sicherheit gefesselt und hatte keine Möglichkeit, sich gegen die Verletzung zu wehren.«

»Woran erkennst du das denn?«

»Das ist ganz einfach, Sherlock. Der Einstichkanal ist absolut gerade, ohne Ausfransungen. Also hat keine Gegenwehr stattgefunden. Der Stich wurde gerade von oben nach unten ausgeführt, was die Vermutung zulässt, dass das Opfer saß und der Täter direkt links neben ihm stand. Der Stich kam von einem Rechtshänder mit einer kurzen, beidseitig schneidenden Klinge, die allerdings nicht sonderlich lang war. Die zweischneidigen Messer erkennt man daran, dass der Schnittkanal sich zum Ende an beiden Seiten verengt. Die Waffe war aber dennoch so lang, dass sie bis in den Oberschenkelknochen vordrang. Das bedeutete für diesen Mann hier kräftige Schmerzen. Zum Zeitpunkt dieser Verletzung lebte das Opfer noch. Wir können also davon ausgehen, dass er vor seinem Tod durch Ertrinken noch gefoltert wurde. Ein weiterer Einstich in der Hand dürfte die Theorie noch untermauern.«

»Kannst du denn schon sagen, woran der Mann letztendlich starb?«

»Der ist definitiv ertrunken. Die haben ihn noch lebend ins Wasser geworfen, dabei nicht mal seine Hände gefesselt. Der wird da unten am Kanalgrund bestimmt noch zwischen drei und fünf Minuten mit dem Erstickungstod gerungen haben. Es kommt immer darauf an, wie viel Sauerstoffvorrat in seinem Organismus noch vorhanden war. Bestimmt kein schöner Tod, Sven. Das erkennen wir übrigens an dem Schaumpilz, der Lungenballonierung und dem wässrigen dreischichtigen Mageninhalt. Wir sehen ...«

Sven drehte sich weg und fingerte nach seinem Taschentuch.

»Ist ja schon gut, Karin. Hör auf mit deinen Erklärungen, sonst kannst du gleich noch meinen Mageninhalt vom Boden wischen.«

»Gut, dass du davon sprichst. Katja hat uns gebeten, doch heute Abend zum Essen zu ihr zu kommen. Sie macht was Asiatisches, so quasi zur Einstimmung auf Thailand. Hast du Lust? Du weißt doch wohl noch, wer Katja ist, oder? Immerhin haben wir uns, seit sie die Kinder-Fotos analysiert hat, kaum bei ihr sehen lassen.«

»Ist ja gut, ist ja gut ... ich bekenne mich schuldig und beuge mich der Mehrheit. Ich werde einen passenden Wein besorgen. Ich hole dich dann zu Hause ab. Doch zurück zum Opfer. Ich denke, du hast schon die DNA-Bestimmung in Auftrag gegeben. Das würde unsere Erkenntnisse wohl noch untermauern, dass wir es hier mit einem Schmalspurganoven zu tun haben, der vor etwa fünfundzwanzig Jahren aus Neapel eingewandert ist. Sein Name Renato Esposito, was so viel heißt, wie der Ausgesetzte. Na ja, dass sich das eines Tages mit seinem Tod derart verbinden würde, haben sich die Eltern damals wohl nicht träumen lassen.«

Trotz der beklemmenden Umgebung konnte sich Karin ein Grinsen nicht verkneifen.

»Du hast manchmal einen beeindruckenden und gewöhnungsbedürftigen Humor. Trotzdem mag ich den. Wir sollten es aber heute nicht allzu spät werden lassen. Ich hätte mal wieder Appetit auf einen netten Nachtisch.«

»Wenn ich einen gewöhnungsbedürftigen Humor besitze, glänzt du aber durch Frivolität. Ich weiß gar nicht, wie ich damit umgehen soll. Du machst mir jetzt Angst.«

Karin schob Sven weg vom Seziertisch Richtung Ausgang.

»Da hättest du vorher besser recherchieren müssen, bevor du mich angebaggert hast. Ich war schon seit langer Zeit berüchtigt wegen meiner Zügellosigkeit. Nun ist es zu spät. Setz dich bitte da vorne auf die Bank und warte artig, mein kleiner Pfadfinder. Ich muss mich reinigen, bevor wir in die Kantine gehen. Gehen wir doch ... oder?

Du kannst da heute wählen zwischen Rührei, Spinat mit Püree, Salatplatte und einem panierten Schweineschnitzel mit Bratkartoffeln. Ich denke, dass du in Anbetracht des abendlichen Nachtisches das Rührei wählen solltest.«

Sven nickte stumm und checkte seine Nachrichten auf dem Smartphone.

 

Ohne Sven vorher zu fragen, hatte Karin einen großen Salatteller und das angekündigte Rührei von der Theke geholt. Sie erkannte schon beim Herannahen an seinem Gesicht, dass es nicht gerade seinen Vorlieben für ein gutes Essen entsprach.

»Mecker nicht rum. Richtig gegessen wird heute Abend. Außerdem benötigst du in deinem Job reichlich Vitamine und Gehirnnahrung. Guten Appetit. Was ist das, besser gesagt, was war das für einer, dieser Ausgesetzte? Habt ihr was über den rausgefunden?«

»Der Computer spuckte schon nach Sekunden eine lange Liste aus. Für die Drogenfahndung kein Unbekannter. Habe mal mit denen gesprochen. Die sehen das ganz pragmatisch. Einer weniger, der unsere Jugend mit dem schleichenden Gift versorgen wird. Irgendwann, sagen die, erwischt es jeden, der sich in den Augen von Kladicz schuldig gemacht hat.«

Karin stockte einen Augenblick. Ihre Gabel schwebte über einem Stück Eisbergsalat.

»Kladicz, Kladicz ... das sagt mir doch was.«

»Das war der Unterweltboss, gegen den ich vor dem Fall Pehling ermittelt habe. Das hatten wir damals zurückgestellt. Alle Zeugen, die gegen ihn hätten aussagen können, verschwanden plötzlich oder starben eines natürlichen Todes. Auch diesen Esposito hatten die Fahnder aufgegriffen. Der hat ihnen nach einem Verhör den Ort für eine Drogenübergabe verraten. Die hätten den bestimmt noch zu einer Zeugenaussage gegen den Boss bewegen können, doch da kam bekanntermaßen etwas dazwischen. Dieser Kladicz hat seine Augen und Ohren überall. Man könnte vermuten, dass seine Fühler bis in Polizeikreise reichen. Fast jeder noch so überraschende Zugriff läuft ins Leere, Zeugen verschwinden einfach so von der Bildfläche. Das ist nicht normal. Als die Kollegen diesen Container filzten, den ihnen der Esposito genannt hatte, muss in deren Nachrichtenkette was schief gelaufen sein. Dafür, dass jemand gepennt hatte, musste der kleine Scheißer sein Leben lassen. Ich möchte aber auch nicht in der Haut desjenigen stecken, der gepennt hat.«

»Es gilt also als sicher, dass Kladicz dahintersteckt?«

»Sicher, was ist schon sicher? Alles deutet daraufhin, weil auch die Szene diese Meinung vertritt. Dem Kerl gehören mittlerweile jede Menge Sexshops, in denen er sein Geld waschen kann. Die Gelder aus der Zuhälterei und dem Drogenhandel werden blitzschnell sauber. Es wird sogar behauptet, dass er die Finger tief im internationalen Waffenhandel drin hat. Ist aber noch unbewiesen so wie viele andere Verbrechen. Das ist einer der gefährlichsten Ganoven in Deutschland. Stammt aus Serbien und glänzt dadurch, dass er Angst und Schrecken verbreitet.«

Karin versuchte, sich ein Bild von einem solchen Menschen zu machen. Sie konnte es sich nicht erklären, warum sie genau in diesem Augenblick Kladicz mit Pehling verglich. Wer von beiden war gefährlicher? Sie konnte nicht ahnen, wie schnell sich diese Frage beantworten würde.

- Kapitel 8 -

Sven hatte sich direkt neben seinem Kollegen aus der Drogenfahndung am Kopf des Tisches platziert. Oberkommissar Peter Krüger leitete diese Abteilung schon lange und verfügte über eine immense Erfahrung. Wer ihn nicht näher kannte, hätte ihn für einen der vielen Späthippies halten können, die vermutlich mit der Harley sommertags über die Landstraßen tuckerten. Seine vollen, aber schon leicht ergrauten Haare fielen ihm über die Schultern und rahmten ein freundliches Gesicht ein, das auch heute noch viele Frauenherzen höher schlagen ließ. Sven wusste aber, dass Krüger in einer absolut glücklichen Beziehung mit einer Italienerin lebte und drei Kinder adoptiert hatte, die er sozusagen von der Straße gerettet hatte. Er war absolut sozial eingestellt, war allerdings bekannt für seine unnachgiebige Haltung gegenüber Dealern und den im Hintergrund agierenden Drogenbossen.

Die Runde, bestehend aus den Mitarbeitern von drei Dezernaten, hatte sich zur Aufgabe gemacht, diesen Kladicz endlich zur Strecke zu bringen. Die Dritten im Bunde waren aus der Sitte abgestellt worden, da Kladicz auch den Bereich des Handels mit Prostituierten zum größten Teil beherrschte. Ihm wurde Menschenhandel aus Asien und Afrika im großen Stil nachgesagt. Diesen Transportweg wollte man unbedingt aufdecken und austrocknen. Den Frauen, die häufig in Schiffscontainern verstaut hoffnungsvoll in Europa ankamen, wurde unsägliches Leid in deutschen Freudenhäusern zugefügt. Ihnen blieb nichts, nur das nackte Leben und wenige Euro, von denen ihnen aber noch die Mietkosten abgezogen wurden. Ihr Körper wurde zur Ware degradiert. Wer nicht gehorchte, wurde auf brutalste Weise gefügig gemacht. Dazu gehörte neben der körperlichen Züchtigung vor allem die Verabreichung von Drogen. In verschiedenen Teams wollten die versammelten Männer und Frauen dem Treiben ein Ende bereiten. Ein Unterfangen, das bisher stets im Sande verlaufen ist. Hinter vorgehaltener Hand sprach man von einem Maulwurf in den eigenen Reihen.

Krüger, in dessen Besprechungsraum das erste Treffen abgehalten wurde, eröffnete die Runde, indem er mit seinem Kugelschreiber gegen das Wasserglas klopfte. Allmählich verstummten die Gespräche.

»Liebe Kolleginnen und Kollegen. Zumindest für mich ist das heute ein großer Tag. Nachdem wir innerhalb unserer Abteilungen getrennt versucht haben, diesem Kladicz das Handwerk zu legen, haben wir nun endlich die Genehmigung erhalten, das gemeinsam zu tun. Ich begrüße dazu auch die Kollegen aus der Sitte und vom Morddezernat. Leider musste jetzt auch diese Abteilung eingebunden werden, da sich auf dem Weg, den Kladicz geht, die Leichen stapeln. Sie werden bestimmt über den aktuellen Fund im Stadthafen gehört haben, zu dem uns Sven, ich meine den Kollegen, Oberkommissar Spelzer, später noch mehr mitteilen wird.

Mir persönlich bereitet derzeit die Tatsache einige Sorgen, dass Kladicz immer vorbereitet scheint, wenn wir eine Aktion gegen ihn planen. Ich besitze genug Fantasie, um zu vermuten, dass wir jemanden in unseren Reihen haben, der diesem Verbrecher Informationen zukommen lässt. Eine sehr traurige Tatsache, aber dennoch nicht ungewöhnlich. Dieses schmutzige Geld hinterlässt gerne mal Wirkung bei Menschen, die entweder den Luxus lieben oder sich in einem finanziellen Engpass befinden. Die Gründe sind vielfältig, können sogar bis zur Erpressung und massiven Bedrohung der Familien reichen. Wir tappen bisher noch im Dunkeln. Schon aus diesem Grund habe ich den Kreis derer relativ klein gehalten, die über geplante Aktionen informiert sein werden. Diejenigen sitzen heute hier am Tisch. Sie alle hier genießen das absolute Vertrauen ihrer Dezernatsleitungen. Kommende Aktionen werden nur in diesem Kreis besprochen und sehr kurzfristig umgesetzt. Wir werden darauf zu achten haben, dass die eingesetzten Kräfte über die jeweiligen Ziele des Einsatzes erst kurz vorher informiert werden. Damit können wir weitestgehend einen Verrat ausklammern.

Sollte dennoch etwas nach außen, also zu Kladicz gelangen, wissen Sie, liebe Kollegen, was das bedeutet. Doch lassen wir uns eine Strategie besprechen, damit dieses Geschwür endlich aus unserer Stadt herausgeschnitten werden kann. Ich schlage vor, dass uns Kollege Spelzer einen kurzen Überblick bezüglich der Leiche im Stadthafen liefert.«

Nachdem das Tischklopfen ein Ende fand, ergriff Sven das Wort.

»Den eindringlichen Worten und Appellen von Peter Krüger kann ich mich nur vollumfänglich anschließen. Ich denke, es ist für uns alle unerträglich, dass jemand aus unseren Reihen dieses Schwein unterstützt und abkassiert. Dass er dabei das Leben vieler Menschen gefährdet, dürfte ihm bewusst sein. Doch er oder sie darf nicht vergessen, dass auch sein eigenes Leben an einem seidenen Faden hängt, falls er für den Boss nicht mehr von Nutzen sein könnte oder er mal als Gefährder eingestuft wird. Dann wird derjenige dort landen, wo wir gestern einen gewissen Renato Esposito gefunden haben. Peter kennt den Typen als Kleindealer und Wasserträger der Kladicz-Unterbosse. Er hatte während eines Verhörs einen Tipp gegeben, der unserer Drogenfahndung zumindest einen kleinen Teilerfolg bescherte. Aber immerhin etwa fünfhundert Kilo Crack haben den Endverbraucher nicht erreicht.«

»Wo war denn der Container abgestellt, als der Zugriff kam? Konnten denn auch Leute verhaftet werden?«

Kommissar Ludwig Tetzlaff, stellvertretender Leiter der Drogenfahndung, hatte sich eingeschaltet. Sven betrachtete den braungebrannten, kompakt gebauten Mann, der fragend auf seinen Chef sah. Schon mehrfach fuhr seine Hand über den altmodischen Igelschnitt, der ihm das Aussehen eines amerikanischen GIs verlieh.

»Entschuldige Ludwig, das konntest du ja noch nicht wissen. Da lagst du ja noch unter der Sonne Kalabriens. Wir haben den Container mit dem Crack in einer Spedition an der Grenze Herne und Herten gefunden. Das ist jedoch nur ein Umschlagplatz und die Betreiber konnten definitiv nichts vom Inhalt der Sendung wissen. Der Container kam von Kolumbien über Hamburg und sollte Ananas enthalten. Die meisten Früchte waren auch in Ordnung. Nur im hinteren Teil der Sendung hatte man darin Beutel mit dem Crack versteckt. Eigentlich sehr simpel, aber effektiv. Lieferadresse war ein Obstgroßhändler in Oberhausen. Der hätte jedoch den Stoff gar nicht erhalten, da die Typen das auf dem Speditionshof vorher rausholen wollten. Die müssen aber Lunte gerochen haben. Wir haben also nur den Stoff, doch keinen Kladicz. Schade.«

»Gut, Jürgen, zurück zum toten Esposito. Den haben wir stückweise aus dem Hafenbecken gefischt, nachdem ihn eine Baggerschaufel in Bauchhöhe zertrennt hatte. Er wies diverse Wunden auf, die ihm wahrscheinlich durch eine Folter zugefügt wurden. Sie führten nicht zum Tod. Er ertrank jämmerlich mit Beton an den Beinen. Wenn wir ihn nicht zufällig gefunden hätten, würden sich jetzt die Fische um ihn kümmern. Einer mehr in der Liste der Kladicz-Opfer. Das sollte sich der Verräter immer vor Augen führen. So enden sie alle – irgendwann. Es kann in diesem verdammten Spiel nur einen Sieger geben, und der heißt Kladicz.«

»Danke Sven. Damit das Spiel nicht so ausgeht, wie du es prophezeit hast, sind wir hier zusammengekommen. Gibt es Vorschläge aus Ihren Reihen, bevor ich die Vorgaben der Führung darstelle?«

Die Diskussion brach los, die zum Ziel hatte, dem großen Drogenboss das Handwerk zu legen.

- Kapitel 9 -

»Es ist so weit, Pehling. Wir müssen los. Tut mir leid, aber ich muss Ihre Hände und Füße fesseln.«

Polizeimeister Engelhardt ließ die Handschellen vor Pehlings Gesicht hin und her schaukeln. Sein Kollege, der die beiden auf dem Transport zur Klinik, also in den Maßregelvollzug begleiten sollte, baute sich hinter ihm auf. Pehling streckte seine Hände vor und lächelte. Sein Gesichtsverband war entfernt worden und es saß ein völlig neuer Mensch auf dem Bettrand. Nur schmale rote Streifen erinnerten noch daran, dass dort operiert wurde. Nichts deutete noch darauf hin, dass an dieser Stelle einst eine hässliche Narbe das Gesicht verunstaltete. Ein männlich markantes Gesicht mit beeindruckenden Augen verschwand bald für immer hinter den hohen Mauern einer Forensik.

»Kein Problem, Engelhardt, Sie tun nur Ihre Pflicht. Nur bitte nicht so fest, ich hatte in den letzten Wochen schon genug Schmerzen.«

Noch ein letzter Blick durch das Zimmer auf die in der Ecke abgestellten Krücken. Die waren nicht mehr nötig. Das Nachziehen des verletzten Beins war kaum noch feststellbar. Engelhardt bückte sich, um die Fußfesseln zu schließen. Einige Schwestern der Station hatten sich auf dem Gang versammelt, um dem Gefangenen nachzublicken. Nicht alle waren von Erleichterung erfüllt, denn Pehling hatte vor allem bei dem weiblichen Personal einen tiefen Eindruck hinterlassen. Niemand konnte sich über fehlende Kooperation beschweren. Für jede von ihnen hatte er stets ein nettes Wort gefunden. Den Grusel ob seiner Taten konnte er allerdings nie vollständig beseitigen. Bevor er sich zwischen den beiden Beamten Richtung Aufzug bewegte, winkte er den Schwestern freundlich zu.

Der VW-Bus hatte die Stadtgrenze längst hinter sich gelassen und befuhr die Autobahn einunddreißig Richtung Norden. Engelhardt beobachtete still den ihm gegenübersitzenden Pehling, der die Augen geschlossen hielt. Sein immer noch durchtrainierter Körper bewegte sich im Rhythmus der Straßenunebenheiten, schaukelte hin und her. Der Polizeimeister hatte schon oft darüber sinniert, warum dieser Mann, der so ruhig und besonnen auftrat, dererlei grausame Taten begangen haben könnte. Hätte er nicht gewusst, wozu dieser Geist fähig war, wäre sicher eine bleibende Männerfreundschaft nicht unmöglich gewesen. Selten hatte er einen so ruhigen und friedfertigen Straftäter angetroffen. Er sah auf die Uhr und dachte darüber nach, dass er schätzungsweise um achtzehn Uhr wieder zuhause sein würde. Melanie, seine ältere Tochter, hatte endlich ihre Immatrikulation zum Studium nach Berlin erhalten. Das würden sie gebührend mit einem feinen Essen feiern. Patentante Claudia kam ebenfalls. Sie war eine Frohnatur und würde einmal mehr eine neue männliche Eroberung der Familie vorstellen. Sollte sie doch. Er gönnte ihr diese Abwechslungen, nachdem ihr erster Mann sie nach Strich und Faden betrogen hatte.

Engelhardt schreckte hoch aus seinen Gedanken, als Polizeiobermeister Staufer das Fahrzeug auf einen kleinen Parkplatz lenkte. Auch Pehling öffnete für einen Augenblick die Augen, um danach den Kopf sofort wieder auf die Brust sinken zu lassen. Staufer rief durch das Trenngitter.

»Muss mal eben pissen. Halt die Augen auf, bis ich wieder da bin. Mir fliegt gleich die Blase weg.«

Engelhardt winkte nur kurz ab und konzentrierte sich wieder auf das vermeintlich gute Essen. Es sollte eine Überraschung werden, von der nur seine Frau Erika wusste. Er hatte einen Tisch in einem feinen Restaurant bestellt. Teuer, aber nach Aussage seines Nachbarn sehr gut.

Er hatte keine Abwehrmöglichkeit, als sich der Glöffel in seinen Hals bohrte. Die Gabelseite drang tief ein und durchtrennte die Halsschlagader. Ströme von Blut pulsierten rhythmisch aus der Wunde. Engelhardt versuchte zu schreien, auf sich aufmerksam zu machen. Während er die Hand auf die offene Wunde presste, fuhr der Glöffel ein weiteres Mal in seinen Kehlkopf. Ein Gurgeln begleitete den Fall auf den Wagenboden. Seine Augen starrten ungläubig in das Gesicht des Killers, das völlig teilnahmslos wirkte. Das Letzte, was der Polizeibeamte in seinem Leben noch wahrnahm, waren die suchenden Hände in den Taschen. Sie fanden schließlich die Schlüssel für die Hand- und Fußfesseln.

Staufer wischte sich die noch nassen Hände an der Uniformjacke ab und näherte sich pfeifend dem Transporter. Schon oft hatte er verflucht, dass die Papierhandtücher auf öffentlichen Toiletten vergriffen waren. Er schwang sich hinter das Steuer. Sein Blick richtete sich nach hinten. Darin lag der Grund, dass er viel zu spät bemerkte, dass die Fahrertür aufgerissen wurde und ihm ein Fausthieb die Besinnung raubte. Er bekam schon nicht mehr mit, dass sich etwas Spitzes tief in seinen Hals bohrte. Pehling, der in der Zwischenzeit die Kleidung mit Engelhardt getauscht hatte, schob den zuckenden Körper des Beamten auf den Beifahrersitz, damit das herausquellende Blut nicht den Fahrersitz beschmutzen konnte. In aller Seelenruhe nahm Pehling die Zündschlüssel an sich und startete den Wagen. Niemand nahm bewusst Notiz davon, dass ein Polizeiwagen wieder auf die Autobahn einbog, diese aber an der nächsten Auffahrt wieder verließ.

»Wagen vierunddreißig, bitte melden. Wie ist Ihre Position? Hallo, Wagen vierunddreißig, melden Sie sich bitte!«

Der großgewachsene Polizist, der den Feldweg zum nächsten Bauernhof entlangschritt, konnte dieser Aufforderung schon nicht mehr nachkommen. Er hatte sich inzwischen mehrere Kilometer vom Wagen entfernt. Immer wieder zog er sich die Uniformärmel herunter, die ihm nur bis weit oberhalb der Handgelenke reichten. Ein bellender Hund kündigte der Bäuerin an, dass sich ein Fremder, ein Polizist, ihrem Hof näherte.

Es wird doch wohl nichts mit Karl auf dem Feld passiert sein? Der fährt immer so wild.

Ängstlich trat sie vor die Tür.

- Kapitel 10 -

»Wie ist denn so was möglich? Der wurde doch von zwei erfahrenen Polizisten bewacht. Habt ihr den Wagen schon geortet?«

Sven lief wie ein angeschossener Eber durch das Büro. Frau Krassnitz drehte sich neugierig auf ihrem Drehstuhl Richtung Spelzer. Ihr Gefühl sagte ihr, dass etwas besonders Schlimmes passiert sein musste, wenn sich ihr Chef derart echauffierte. Hoffentlich war nichts mit der Frau Doktor. Sie knetete ihre Hände und kam langsam näher. Sven sah sie kommen und stellte das Telefon auf Lautsprecher.

»Die Kollegen sind unterwegs. Die Fahrzeuge haben alle einen Peilsender, damit wir die Position bei Transporten immer orten können. Die drei haben einmal an einem Parkplatz kurz angehalten. Da wird wohl einer pinkeln gewesen sein. Danach sind die aber weitergefahren, ohne einen Zwischenfall gemeldet zu haben. Kurz vorher kam auch die normale Meldung vom Fahrer, dass alles in Ordnung wäre. Jetzt antwortet keiner mehr und die Karre steht irgendwo in der Nähe von Ochtrup. Verdammt, hoffentlich ist da nichts schiefgelaufen.«

»Schickt da sofort einen Suchtrupp hin. Der ist den Kollegen bestimmt entwischt. Oh Gott. Der geht nicht einfach so weg. Nicht dieser Pehling. Der hat die Kollegen beseitigt, da wette ich drauf. Also, Rettungswagen und Suchtrupps sofort abkommandieren. Sind das Landeskriminalamt und die Kollegen in Ochtrup schon informiert? Wenn nicht, sofort mobilisieren. Ich setze mich ins Auto und düse los. Sofort benachrichtigen, wenn ihr die exakte Position habt. Dann muss das Gebiet sofort weiträumig abgesperrt werden. Wenn der ein Auto ergattert hat, ist der schon über alle Berge. Die holländische Grenze ist ja nicht weit. Bis gleich, ich fahr los.«

Die Hände bebten, die Sven auf die Tischplatte gepresst hielt. Besorgt beobachtete ihn Krassnitz.

»Was ... was ist los, Chef? Sagen Sie nicht, dass dieser Pehling ...«

»Doch Krassnitz. Der ist wahrscheinlich geflitzt. Jetzt geht das ganze Theater wieder von vorne los. Verdammte Scheiße. Wie kann man aber auch so dämlich wie diese Beamten sein. Ich dachte wirklich, dass ich nun zur Ruhe komme. Ich muss Karin informieren.«

»Ich rufe an und stell rüber. Beruhigen Sie sich doch bitte. Noch steht ja nichts fest. Kann doch auch eine defekte Funkanlage sein.«

»Träumen Sie weiter. Das Schwein hat wieder zugeschlagen, da bin ich mir sicher. Mein Bauch ... Krassnitz. Wo bleibt Frau Hollmann?«

»Ja, ja, eine alte Frau ist schließlich kein D-Zug. Kleinen Moment noch.«

 

»Karin. Es ist was passiert. Rege dich bitte nicht auf.«

»Jetzt beruhige du dich erst mal wieder. Du hörst dich ja schlimm an. Hast du etwa mein Auto kaputt gefahren? Wenn du ...«

»Nein, dein Wagen steht doch im Klink-Parkhaus. Es ist dieser Pehling.«

Kein Laut vom anderen Ende der Leitung. Nur leises Atmen. Karin fand in diesem Augenblick keine passenden Worte. Ihr Sprachzentrum verweigerte den Dienst.

»Sage nicht, der ist ...«

»Doch, Karin. Der ist den beiden Beamten, die ihn in die Forensik nach Rheine überführen sollten, einfach entwischt. Die absolute Bestätigung steht noch aus, aber nachdem die sich nicht mehr über Funk melden, besteht für mich kein Zweifel daran. Warte mal einen Augenblick, bleib dran ... das Handy klingelt.«

»Spelzer, was gibt´s?«

»Die Kollegen sind jetzt vor Ort. Den Wagen haben sie gefunden. Aber auch die beiden Leichen. Ganz übel zugerichtet. Keine Spur von Pehling. Die haben nur mitgeteilt, dass er vermutlich in der Uniform des einen Kollegen getürmt ist. Die Gegend wird jetzt im Umkreis von zwanzig Kilometern gesperrt. Was sollen wir sonst noch tun?«

»Anruf bei den Sendern. Die sollen sofort eine Beschreibung des Killers bekommen und die Bevölkerung im Umkreis warnen. Ein Foto an die Zeitungen für die Morgenausgabe. Ich mach mich jetzt auf den Weg. Danke.«

Sven drückte das Gespräch weg und starrte aus dem Fenster. Erst Karins Rufen holte ihn wieder in die Gegenwart zurück.

»Ich habe mitgehört. Das ist ja schrecklich. Wieso willst gerade du dahin? Lass das die Sondereinheiten machen. Du kannst den doch nicht alleine suchen gehen. Ich will nicht, dass du dich wieder in Gefahr begibst. Das LKA ist zuständig. Du hast schon viel zu viel mit diesem Tier erlebt. Du kommst sofort zu mir und ...«

»Karin, lass es gut sein. Gib auf. Das ist jetzt wieder mein Fall. Keiner kennt den Mann so gut wie wir. Ich weiß, wie er denkt, was er eventuell als Nächstes tun könnte.«

»Genau deshalb solltest du dich von ihm fernhalten. Was er tun könnte, wird nicht gut für dich sein. Wir sind schon genug geschädigt. Du stehst das nicht noch mal durch, Liebling. Komm zu mir. Bitte. Deine Sturheit wird dich noch um den Verstand bringen. Die werden ihn schnell wieder einfangen ... und hoffentlich sofort erschießen.«

Den Nachsatz hatte sie leise angefügt. Sven tat, als hätte er es nicht gehört.

»Ich verspreche dir, dass ich vorsichtig sein werde. Aber einer muss den Einsatz dort leiten. Die eingesetzten Beamten müssen wissen, wozu der Gesuchte fähig ist. Ich halte mich im Hintergrund und koordiniere nur. Du wirst sehen, heute Abend beim Essen lachen wir darüber und das Schwein sitzt in seiner Gummizelle.«

»Ich möchte dir so gerne glauben. Doch ich weiß nicht so recht, wie ich es dir sagen soll. Aber diesmal habe ich ein schlechtes Gefühl im Magen. Du versprichst mir, dass du mich zwischendurch immer mal anrufst. Und was das Essen angeht, das werde ich auf einen anderen Tag legen lassen. Katja wird es verstehen. Sei bitte vorsichtig, ich habe Angst um dich.«

- Kapitel 11 -

Der Ort Ochtrup glich einem Hexenkessel. Die Kommandozentrale hatte sich im Feuerwehrhaus der Gemeinde eingerichtet. Die Einsatzfahrzeuge der Suchtrupps vermischten sich auf den Parkflächen mit den Autos der vielen Outletcenter-Besucher. Polizisten versuchten die Fragen der Neugierigen ausreichend zu beantworten, vermieden jedoch, Panik zu verbreiten. Sven und Kommissar Hörster beugten sich über die Straßenkarte, auf der die eingerichteten Kontrollpunkte eingezeichnet waren. Mit kleinen Bausteinen markierten sie die Bewegungen der Suchtrupps, die sich sternförmig ausbreiteten. Immer wieder kamen Zustandsmeldungen der Truppführer herein, um die Zentrale auf den neuesten Stand zu bringen.

Sofort nach Eintreffen der Meldung hatte sich Kriminalrat Fugger mit dem LKA in Verbindung gesetzt und erreichen können, dass erst einmal Spelzer die Erstmaßnahmen vor Ort einleitete und überwachte. Das LKA wollte einen eigenen Mann für die Fahndung schnellstmöglich abstellen.

»Haben die holländischen Kollegen sich schon gemeldet? Es wäre gut, wenn die ihre Grenzen beobachten würden. Wenn ich an Pehlings Stelle wäre, würde ich versuchen, ins Ausland zu flüchten. Viele wissen um die Probleme, wenn es um Koordination mit den Behörden untereinander geht. Aber die grüne Grenze bietet immer noch genug Möglichkeiten an. Welchen Fluchtweg würden Sie wählen, Hörster, wenn Sie an seiner Stelle wären?«

Sven blickte seinen Kollegen fragend an.

»Wie wir wissen, hat er sich der Polizeiuniform bemächtigt. Die wird er sich zu Beginn zumindest zunutze gemacht haben. Er dürfte damit Vertrauen bei der Bevölkerung erlangt haben. Da wir aber wissen, dass er damit geflohen ist, muss er sich schnellstmöglich ein neues Outfit besorgen. Das würde ich an seiner Stelle nicht unbedingt in einer Ortschaft suchen, sondern irgendwo in der Umgebung. In diesem Landstrich hat er die volle Auswahl. Bauernhöfe ohne Ende – bis nach Holland. Mein Vorschlag wäre, sämtliche Höfe in der Umgebung abzuklappern, um die Menschen zu warnen. Vielleicht hat er ja schon neue Klamotten und ein Fahrzeug gefunden. Dann können wir die Fahndung gezielter steuern.«

»Das deckt sich mit meinen Überlegungen, Hörster. Wir gehen jetzt die einzelnen Trupps durch und instruieren sie dahingehend. Sämtliche Höfe sollen durchkämmt werden. Sobald einer durchsucht wurde, Meldung an uns und Eintrag in die Karte. Das Netz muss dichter werden. Los, fangen wir damit an.«

Sven griff nach dem Telefon, zögerte jedoch. Er bekam die gemurmelten Worte seines Stellvertreters im Fortgehen noch mit.

»Hätte ich dem Dreckskerl doch bloß sofort in die Birne geschossen. Scheiße, Scheiße.«

Sven konnte dieses Denken gut nachvollziehen, denn der Tod zweier Kameraden zerrte schwer an den Nerven der Beamten. Es hatte zwei von ihnen getroffen. Diese Tatsache wurde nicht nur durch die Medien aufgegriffen. Nein, es lief wie ein Lauffeuer durch jede Polizeidienststelle des Landes. Jede Streife, jeder einzelne Beamte im Streifendienst hatte Pehlings Bild vor Augen. Er war Staatsfeind Nummer eins.

 

»Wo ist Oberkommissar Spelzer?«

Der Beamte der örtlichen Polizeibehörde rief die Frage in den Raum und wedelte mit dem Telefonhörer. Sofort eilte Sven in dessen Richtung, nahm ihm den Hörer aus der Hand.

»Spelzer, was gibt´s?«

»Polizeihauptmeister Ramses. Schlechte Nachrichten, Herr Oberkommissar. Wir befinden uns gerade im Bereich des Planquadrates C31, also südlich von Langenhorst, dicht bei der Kreuzung B54 und der K73. In der Nähe haben wir einen Bauernhof kontrolliert und zwei Leichen gefunden. Selbst der Hund musste sterben. Gruselig. Ich warte mit meinem Wagen an der Kreuzung auf Sie.«

»Bin schon auf dem Weg, Ramses. Danke.«

Es war augenblicklich still geworden im Raum. Jeder der Beamten sah fragend auf Sven, der ihnen einen kurzen Überblick über die neue Situation verschaffte. In jedem Gesicht war die Betroffenheit zu erkennen.

»Hörster, Sie bleiben hier und koordinieren weiter die Einsätze. Wir wissen zumindest, wo sich Pehling hinbewegt hat. Ich informiere Sie, wenn ich belastbare Ergebnisse habe. Es ist ja noch unklar, ob er jetzt ein Fahrzeug besitzt. Weitermachen, Leute!«

Ramses fuhr vor ihm her und bog schließlich in einen schmalen von Feldern gesäumten Feldweg ein. Der Geruch von frischer Gülle drang durch die Lüftung in Svens Wagen. Der Trecker mit dem passenden Gülle-Anhänger parkte vor der Riesenscheune. Auf dem Hof musste Sven einem Tierkadaver ausweichen. Betroffen sah er auf den kräftig gebauten Hundemischling, dem der todbringende Spaten noch immer im Körper steckte. Was sich Pehling in den Weg stellte, wurde gnadenlos hingerichtet.

Etliche Polizisten durchsuchten mit vorgehaltener Waffe sorgfältig das weitläufige Gehöft mit seinen vielen Nebengebäuden. Vor dem Hauseingang hatte sich ein Beamter postiert, der die Neuankömmlinge mit verkniffener Miene grüßte.

»War niemand am Tatort. Habe keinen reingelassen, Herr Oberkommissar.«

Sven war nicht wohl dabei, als er in die Dämmerung des Flurs trat. Einige Türen führten in Küche, Hauswirtschaftsraum und ins Wohnzimmer. Der Geruch von Kohl schlug ihm entgegen. Im offenen Türbogen zum Wohnraum blieb er wie angewurzelt stehen. Sein Puls raste, als er die Szene betrachtete, die ihm ein Wahnsinniger hinterlassen hatte. Schon früher prahlte Pehling immer damit, dass er mit seinen Taten Kunstwerke schaffen würde. Nachdem er sich damals aus der anfangs termingesteuerten Mordserie in einen Mordrausch hineingesteigert hatte, zeigte er am heutigen Tag, dass er sich immer noch die Zeit nahm, ein Todesarrangement zu schaffen.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752124743
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Dezember)
Schlagworte
Rache Serienkiller Menschenhandel Rechtsmedizin Ruhrgebiet Krimi Ermittler

Autor

  • H.C. Scherf (Autor:in)

Der Autor begann nach Eintritt in den Ruhestand mit dem Schreiben von spannenden Romanen unter seinem Klarnamen Harald Schmidt. Da dieser durch TV bekannte Name falsche Erwartungen beim Leser weckte, übernahm er das Pseudonym H.C. Scherf zum Schreiben etlicher Thriller-Reihen.