Lade Inhalt...

Unterhalb des Horizonts

von Maya Shepherd (Autor:in)
155 Seiten
Reihe: Die Grimm-Chroniken, Band 18

Zusammenfassung

Die Vergessenen Sieben hatten zueinander gefunden, um einen Krieg zu verhindern, doch nun musste jeder von ihnen sich seinem eigenen Kampf stellen. Ihre Herzen blieben miteinander verbunden und erst wenn jedes von ihnen aufhörte, zu schlagen, wäre alles verloren. Als das Mondmädchen sein Licht bei Tag erstrahlen ließ, weckte es den Hass der Sonne, die daraufhin drohte, die Erde zu verbrennen. Es gab nur einen Weg, um sie aufzuhalten. Sonne und Mond mussten einander an dem einzigen Ort begegnen, an dem dies möglich war: unterhalb des Horizonts. »Ich werde nicht kampflos untergehen«, schwor Lavena sich. »Es ist an der Zeit, dass Sonne und Mond Frieden miteinander schließen.«

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Was zuvor geschah

Donnerstag, 25. Oktober 2012

13.45 Uhr

Als Dorian Elisabeth allein vor seiner Zelle über den Korridor gehen sieht, verlässt er sein Versteck und stürzt sich auf sie. Er ist fest entschlossen, sie zu töten, und beginnt, sie zu würgen. Elisabeth fürchtet um ihr Leben und gesteht ihm, dass Mary noch am Leben ist. Dorian glaubt ihr erst nicht, aber bekommt dann doch Zweifel, als sie den Spiegel erwähnt. Sein kurzes Zögern nutzt Rumpelstein, der sich unbemerkt angeschlichen hat, um ihn anzugreifen.

Gerade als es Dorian gelingt, den Zwerg zu überwältigen, stoßen zwei Wölfe hinzu, die über ihn herfallen. Es gelingt ihm nicht, sich gegen sie zu behaupten, und als auch noch seelenlose Jäger hinzukommen, ist er von seinen Feinden umzingelt. Zu seinem Erstaunen verbietet Elisabeth ihren Wölfen jedoch, ihn zu töten. Stattdessen will sie ihn benutzen, um Margery in ihr Anwesen zu locken.

14.00 Uhr

Jacob zeigt Margery, wie sie über die spiegelnde schwarze Oberfläche eines Fernsehers Kontakt mit ihrer Mutter aufnehmen kann. Gemeinsam rufen sie Mary herbei, die dann zum ersten Mal seit langer Zeit mit ihrer Tochter sprechen kann. Ihr Wiedersehen wird jedoch schnell von Embers Rückkehr unterbrochen, die in Begleitung von Joe und einem fremden Mädchen namens Julia erscheint. Nachdem Joe ihnen versichert hat, dass sie Julia vertrauen können, weiht Will die Neuankömmlinge in alles ein, was bis dahin passiert ist.

14.45 Uhr

Simonja erkennt Julia als Rosalie wieder und offenbart den anderen ihre wahre Identität. Diese fürchten, dass Rosalie es auf Margery abgesehen haben könnte. Auch Joes Beteuerungen, dass Rosalie in friedlichen Absichten zu ihnen gekommen sei, können sie nicht vom Gegenteil überzeugen. Um die Wogen zu glätten, erklärt Rosalie sich freiwillig dazu bereit, sich in einem Zimmer einschließen zu lassen, bis die anderen darüber entschieden haben, ob sie bereit sind, ihr eine Chance zu geben. Joe bleibt bei ihr, da er sich schuldig fühlt, weil er sie überredet hat, mit ihm zu kommen.

15.30 Uhr

Will beobachtet, wie Jacob das Totengräberhaus verlässt, und geht ihm nach, um ihn zur Rede zu stellen. Jacob gibt daraufhin zu, dass er zur Schlosskommende gehen wollte, um die böse Königin vor einem Angriff von Dorian zu warnen. Es erscheint ihm als das Einzige, was er tun kann, um Marys Körper zu schützen.

Will versucht, ihn davon zu überzeugen, dass es besser wäre, wenn er gehen würde, da Jacob für die Gruppe wichtiger ist. In dem Moment taucht Arian auf und berichtet ihnen, dass Dorians Versuch, die Königin zu töten, gescheitert ist und dieser sich nun in ihrer Gewalt befindet. Gemeinsam kehren sie in das Haus zurück, um auch den anderen Bescheid zu geben.

16.00 Uhr

Arian erzählt den anderen, dass die Königin Spiegelsplitter in den Augen der Bürger von Königswinter platziert hat und diese dadurch kontrolliert. Am Samstagabend plant sie zudem einen Spendenball, den die Gruppe nutzen will, um sich Zutritt zur Schlosskommende zu verschaffen und Dorian zu befreien.

Sie befinden sich gerade alle, außer Rosalie, im Keller, als über ihren Köpfen plötzlich ein Krachen zu hören ist und mehrere Personen das Erdgeschoss stürmen. Diese scheinen nach etwas oder jemandem zu suchen. Vermutlich handelt es sich bei ihnen um seelenlose Jäger. Da es zu viele sind, um gegen sie anzukämpfen, beschließen Arian, Simonja, Jacob, Lavena und Margery, die Flucht zu ergreifen, um sich in Sicherheit zu bringen. Will, Ember und Joe wollen die Angreifer derweil ablenken und Rosalie zu Hilfe kommen, die immer noch in dem Zimmer gefangen ist.

16.30 Uhr

Auf der Flucht vor den Jägern werden Arian, Simonja und Lavena von der restlichen Gruppe getrennt. Als Lavena ihren Umhang verliert und ihr Licht bei Tag aufleuchtet, entdeckt die Sonne sie und richtet ihre Strahlen auf sie. Die Temperatur steigt um mehrere Grad an und der Wald rund um das Mondmädchen verdorrt. Lavena droht unter ihrer Hitze zu verbrennen und erleidet große Schmerzen, die sie daran hindern, weiterzugehen.

Arian spürt zudem, dass nun auch die Wölfe den Wald erreicht und die Suche nach ihnen aufgenommen haben. Er sieht sich gezwungen, Lavena und Simonja zu verlassen, um zu verhindern, dass sich das Rudel auf seine Freunde stürzt. Er verwandelt sich und lockt die Wölfe auf eine andere Fährte.

16.45 Uhr

Margery hat im Finsterwald die anderen aus den Augen verloren und tritt in eine Bärenfalle. Ihr Blut lockt die Wölfe an, denen sie sich hilflos ausgeliefert sieht, bis Rosalie ihr überraschend zu Hilfe kommt. Dieser gelingt es, die Tiere zu töten und Margery zu befreien. Jacob, Ember, Will, Joe, Simonja und Lavena finden die Schwestern und gemeinsam machen sie sich auf den Weg zu einem neuen Versteck.

Maggy wird von Vlad Dracul in Schloss Drachenburg gefangen gehalten und versucht, ihn davon zu überzeugen, sie gehen zu lassen. Dieser behauptet, dass er sie nicht aufhalten würde, wenn es ihr gelingen sollte, durch ihre Magie zu fliehen. Sie will ihm und auch sich selbst beweisen, dass sie es schaffen kann, und stößt in dem Hexenbuch von Baba Zima auf einen Zauberspruch, der sie in ihr Geisttier verwandeln kann. Obwohl sie nicht weiß, wie sie diesen rückgängig machen kann, wendet sie ihn an und wird zu einer Spinne. In dieser Gestalt gelingt ihr die Flucht aus dem Schloss.

18.00 Uhr

Arian ist mit den Wölfen in die Schlosskommende zurückgekehrt. Dort wird das gesamte Rudel im Verlies in Ketten gelegt. Die seelenlosen Jäger der Königin haben zuvor beobachtet, wie Arian in seiner Wolfsgestalt das Anwesen verlassen hat, und sind ihm zum Versteck von Margery und den Vergessenen Sieben gefolgt. Dabei konnten sie seine Verwandlung beobachten, sodass die Königin nun von dem Verräter im Rudel weiß. Um den Schuldigen aus der Reserve zu locken, beginnt sie, die Tiere zu foltern, bis Arian es nicht länger erträgt, sie leiden zu sehen, und sich in einen Menschen verwandelt.

Er befürchtet, dass die Königin ihn töten wird, doch diese verschont ihn und will ihn stattdessen in einen magischen Raum bringen, der ihm die Wahrheit über sich selbst offenbaren soll.

18.30 Uhr

Jacob führt die Gruppe in eine verfallene Villa, die sich außerhalb von Königswinter befindet. Am Rheinufer halten sie eine Gedenkfeier für den verstorbenen Philipp ab.

19.00 Uhr

Plötzlich fallen unzählige Sterne vom Himmel herab, welche vom Licht der nicht sinken wollenden Sonne verbrannt wurden. Auch die Mondfrau verlässt ihren Platz am Firmament, um Lavena vor der Sonne zu warnen. Diese fordert den Tod des Mondmädchens, da sie sonst die Menschen und die Erde verbrennen wird.

Die Mondfrau möchte, dass Lavena mit ihr in den Himmel zurückkehrt. Dafür müsste sie sich jedoch von Margerys Herzsplitter trennen und dürfte zudem Arian nicht wiedersehen.

Lavena möchte einen anderen Weg finden, indem sie der Ursache für die Feindschaft zwischen Sonne und Mond auf den Grund geht. Dafür muss sie der Sonne unterhalb des Horizonts begegnen.

20.00 Uhr

Die Königin hat Philipp durch ihre Blutmagie am Leben erhalten und nur den Teil von Margerys Herz in ihm getötet. An einen Lügendetektor angeschlossen, soll er ihr nun aus den ›Grimm-Chroniken‹ vorlesen und ihr auf diese Weise verraten, wer sich hinter den Vergessenen Sieben verbirgt. Um sicherzugehen, dass er sich ihrem Willen fügen wird, hat sie seine Eltern entführen lassen und an ein Gerät angeschlossen, das ihnen elektrische Stromstöße verpasst, sobald Philipp lügt oder etwas zu verschweigen versucht.

Donnerstag,

25. Oktober 2012

Noch 6 Tage

Verborgen

Donnerstag, 25. Oktober 2012

20.30 Uhr

Königswinter, Finsterwald

Zuerst versuchte Maggy gar nicht, sich zurückzuverwandeln, weil sie sich in dem winzigen Körper der Spinne sicherer fühlte. Das Gras ragte über sie wie Hochhäuser und machte sie dadurch beinahe unsichtbar. Sie konnte noch nicht ganz glauben, dass Vlad Dracul sie wirklich hatte gehen gelassen. Sie fürchtete, dass er es sich anders überlegen und ihr seine Vampire auf den Hals hetzen könnte, wenn sie in der Nähe von Schloss Drachenburg wieder ihre menschliche Gestalt annahm.

Sobald sie die Bäume des Finsterwaldes erreichte, kletterte sie an einem Baumstamm empor und schwang sich leichtfüßig von Ast zu Ast. Mit ihren Spinnfäden durch die Luft zu gleiten, war beinahe wie Fliegen. Sie genoss es, sich gegen die Schwerkraft aufzulehnen, und fühlte sich dabei stärker denn je. Nicht einmal das schwindende Licht machte ihr etwas aus. Sich als Spinne zu bewegen, fühlte sich für sie wie etwas ganz Natürliches an, als hätte sie es schon immer in sich gehabt. Sie musste nicht überlegen, was sie tun sollte, sondern konnte jede Fähigkeit hervorrufen – es war wie Atmen.

Die Zeit verstrich wie im Flug, sodass sie Schloss Drachenburg nicht mehr entdecken konnte, als sie nach einer Weile bewusst danach Ausschau hielt. Auch von den Vampiren gab es im Wald keine Spur mehr. Nun hätte sie den Zauber brechen sollen, um ihren Weg als Mensch fortzusetzen, auch wenn sie nicht wusste, wo sie mit der Suche nach den anderen beginnen könnte. Allein zur Orientierung hätte es jedoch geholfen, wenn sie wieder auf zwei anstatt acht Beinen gestanden hätte. Die Sicht einer Spinne unterschied sich doch deutlich von der eines Menschen, sodass sie sich in dem dunklen Wald kaum zurechtfand.

Voller Zuversicht hatte sie Vlad Dracul gegenüber behauptet, dass sie sich natürlich zurückverwandeln könne. Was hatte er zu ihr gesagt? Sie solle die Luft anhalten?

Nach wie vor war sie sich nicht sicher, ob das ein Scherz gewesen war, aber ihr blieb kaum etwas anderes übrig, als es auszuprobieren. Entschlossen ließ sie sich zurück zu Boden gleiten, hielt den Atem an und zählte die Sekunden.

1,

2,

3,

4,

5,

6,

7,

8,

9,

10 – bisher tat sich nichts. Aber vielleicht musste sie es länger versuchen, auch wenn sie sich etwas albern dabei vorkam.

11,

12,

13,

14,

15,

16,

17,

18,

19,

20.

Frustriert gab sie auf und zog wieder Luft in ihre Lungen. Als ob sie sich zurückverwandeln würde, nur weil sie die Luft anhielt!

Haha, sehr witzig, Vlad Dracul, dachte sie beschämt. Nur gut, dass er sie nicht bei diesem kläglichen Versuch beobachtet hatte.

Was könnte sie noch versuchen? Einen Spruch schien es nicht zu geben, denn sonst hätte er bei dem Zauber im Hexenbuch gestanden. Es musste etwas Banales sein, das sich jederzeit umsetzen ließ. Baba Zima hatte sich schließlich innerhalb weniger Sekunden von einem Raben zurück in einen Menschen verwandelt.

Hänsels Bann war gebrochen, als die böse Königin ihn gegen die Dornenhecke geschleudert hatte. War es vielleicht das? Musste sie irgendwo dagegen laufen?

Obwohl sie sich dabei noch dümmer vorkam, nahm Maggy Schwung und rannte gegen die nächste Wurzel, die sich aus dem Erdboden erhob. Wie nicht anders zu erwarten, wurde sie von dem Aufprall zurückgeschleudert und taumelte etwas benommen von einem Bein aufs andere, bis diese sich verknoteten und sie umkippte.

Nicht nur Vlad Dracul hätte sein Vergnügen an diesem erbärmlichen Schauspiel gehabt. Baba Zima wäre vermutlich vor Lachen an ihren Tränen erstickt.

Maggy musste zu ihrem großen Missfallen einsehen, dass sie so bald nicht auf die Lösung kommen würde. Deshalb beschloss sie, sich erst mal als Spinne weiterzubewegen. Vielleicht würde sie sich auf ihrem Weg durch Zufall zurückverwandeln. Bedauerlicherweise hatte sie aber auch kein Ziel, sodass sie sich darauf beschränken musste, zu versuchen, aus dem Wald zu gelangen. Dann würde sie weitersehen.

Maggy wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als sie die ersten Wohnhäuser erreichte. Sonst ließ sich so etwas halbwegs daran erahnen, wie dunkel es war, aber heute war die Sonne immer noch als glühendes Licht am Horizont zu erkennen. Die Leute, an denen sie heimlich vorbeischlich, hatten kaum ein anderes Gesprächsthema. Es war die Sensation und viele stellten die wildesten Spekulationen darüber an, was die Ursache dafür sein könnte. Gewiss lag nicht einer von ihnen richtig, denn welcher Mensch, der ernst genommen werden wollte, würde dahinter eine Differenz zwischen Sonne und Mond vermuten?

Zumindest waren die Geschäfte bereits geschlossen, denn in keinem brannte Licht, sodass Maggy wusste, dass es nach achtzehn Uhr sein musste. Im Schutz der Hausfassaden krabbelte sie von einem Gebäude zum nächsten, bis sie die Innenstadt mit ihrem Kopfsteinpflaster und den schmalen Gassen erreichte. Außer dem Bahnhof, dem Lebkuchenhaus und Schloss Drachenburg hatte sie bisher kaum etwas von der Ortschaft gesehen. Das machte ihre Suche nicht gerade leichter. Als Spinne konnte sie auch niemanden nach dem Weg zum nächsten Friedhof fragen. Der Friedhof des versunkenen Mondes war ihr einziger Anhaltspunkt. Es lag nicht nur an dem märchenhaften Namen, sondern sie wusste auch aus den ›Grimm-Chroniken‹, dass Will dort im Traum einmal Margery begegnet war. Vielleicht wäre sie dort sogar Simonja begegnet, denn welcher Ort wäre besser für den Tod geeignet als ein Friedhof?

Da sie sich nicht einmal sicher war, ob dieser Friedhof in der Realität wirklich existierte, wollte sie sich darüber am Bahnhof mithilfe von Busfahrplänen Klarheit verschaffen. Sollte sie eine Linie finden, die tatsächlich dort hinfuhr, könnte sie versuchen, sich in den Bus zu schmuggeln. Auch wenn sie nun in dem Körper einer Spinne steckte, dachte sie immer noch wie ein Mensch.

Nachdem sie sich möglichst unauffällig fortbewegt hatte, erstrahlte am Ende einer Straße endlich das hell erleuchtete Bahnhofsgebäude. Trotz ihrer Ungeduld musste sie sich weiterhin vorsichtig verhalten, wenn sie nicht von irgendeinem unachtsamen Menschen totgetrampelt werden wollte. Zwar hätte das vermutlich ihr Verwandlungsproblem beseitigt, aber wäre dennoch keine Lösung gewesen.

Sie zwang sich also, Ruhe zu bewahren und sich im Schatten zu halten, bis ihre acht Augen eine bekannte Gestalt auf der Straße ausmachten. Es war vor allem ihre humpelnde und zugleich gehetzte Gangart, die sie verriet.

Rumpelstein kam geradewegs auf Maggy zu. Zwar war er nicht derjenige, den sie sich gewünscht hätte, zu treffen, aber er stellte eine willkommene Alternative dar. Sie versuchte nicht, den Zwerg auf sich aufmerksam zu machen, sondern hielt sich versteckt, bis er an ihr vorüber war. Erst dann warf sie einen Spinnfaden aus, der Halt an dem schmutzigen Mantel des kleinen Mannes fand, und ließ sich auf dessen Rücken gleiten.

Vielleicht hatte es einen Grund, dass es ihr bisher nicht gelungen war, sich zu verwandeln – nur so konnte sie Rumpelstein unbemerkt folgen. Wohin war er so eilig unterwegs? Welche Gemeinheit heckte er dieses Mal im Auftrag der Königin aus?

Es schien, als wolle Rumpelstein vor einem unsichtbaren Verfolger davonlaufen. Immer wieder drehte er sich um oder legte den Kopf in den Nacken, um auf die Dächer zu blicken. Wonach hielt er Ausschau? Nach Raben, welche als die Späher der Königin galten? Warum sollte er sich vor ihnen fürchten? War er nicht auf Befehl von Elisabeth unterwegs?

Während der Zwerg von einer Gasse in die nächste huschte und die kleine Stadt in ein Labyrinth verwandelte, beschlich Maggy immer mehr der Verdacht, dass er bei dem, was er vorhatte, nicht gesehen werden wollte – von niemandem.

Was oder wen könnte er vor seiner Königin verbergen wollen?

Als Maggy und er sich zuletzt im Krankenhaus begegnet waren, hatte sie ihn auf Eva angesprochen. Ich werde nicht zulassen, dass ihr sie mit in den Abgrund reißt, hatte er zu ihr gesagt, bevor er sie betäuben wollte. Versteckte er seine Tochter vor Elisabeth und war nun auf dem Weg zu ihr?

Er ging sehr vorsichtig und gewissenhaft vor, schaute überallhin und führte seine möglichen Verfolger in die Irre. Aber eines beachtete er nicht: seinen eigenen Rücken. Unbemerkt harrte Maggy dort aus, bis Rumpelstein sie in eine Art Industriegebiet führte. Lagerhallen, Werksgelände und kleinere Fabriken reihten sich aneinander. In ihrer Mitte thronte ein altes Gebäude, welches sie am ehesten als Turm bezeichnet hätte. Die grauen Wände waren mit Graffitis besprüht und sämtliche Fenster zerbrochen. Insgesamt machte es einen ziemlich verfallenen Eindruck, der vermuten ließ, dass es in der heutigen Zeit keine Funktion mehr hatte. Der wacklige Bauzaun, der den Turm umgab, hielt weder Rumpelstein noch andere Eindringlinge fern.

Zielstrebig quetschte sich der Zwerg durch eine ungeschützte Stelle und ging um den Turm herum, bis er an eine rostige Eisentür geriet, die jedoch mit einer neuen Metallkette und einem Schloss gesichert war. Zu Maggys Erstaunen trug Rumpelstein den passenden Schlüssel bei sich, was die Vermutung nahelegte, dass er es gewesen war, der das Schloss angebracht hatte. Er öffnete die Tür nur einen Spaltbreit und schob sich in das verwahrloste Innere.

Das schwache Abendlicht fiel durch die zerbrochenen Fenster und die Öffnung in der Spitze des Turms. Leitern führten auf die höher gelegenen Ebenen, doch Rumpelstein ließ sie gänzlich unbeachtet. Seine Aufmerksamkeit galt einem Tunnel, der unter die Erde führte. Bevor er diesen betrat, schaltete er jedoch eine Taschenlampe ein.

Seine Schritte hallten von der Metalltreppe wider, die ihn tief hinabführte. Dort unten wäre es selbst bei Tag stockdunkel gewesen. Je weiter sie hinabstiegen, umso kälter wurde es. Ein schmaler Gang lockte sie in die Finsternis. Der Lichtkegel der Taschenlampe ließ Beschriftungen an den Wänden erkennen, die dort vor vielen Jahren mit weißer Farbe angebracht worden waren: Schutzbunker, Notausgang C, Arrestzellen.

Sämtliche Haare ihres Spinnenkörpers sträubten sich, als Maggy begriff, aus welcher Zeit dieser Turm stammte – aus der des Zweiten Weltkrieges. Er musste als Rückzugsort im Krieg errichten worden sein. Auch damals hatte ein einzelner Mensch vermocht, eine ganze Welt in Angst und Schrecken zu versetzen. Vermutlich wäre er nie zu solch einer Macht gelangt, wenn das Volk sich ihm nicht gefügt hätte. Zu bereitwillig hatte es sich von ihm begeistern lassen und die Schuld für seine Unzufriedenheit auf jemand anderen abgeladen.

In Engelland hatte die böse Königin Margery zum Sündenbock erklärt – das Unglückskind.

Hitler war mit seinem Versuch, die Welt zu erobern, gescheitert – erwartete Elisabeth das gleiche Schicksal? Aber wie viel Blut müsste bis dahin noch vergossen werden? Wie viele Unschuldige mussten ihr Leben lassen?

Plötzlich endete der Korridor abrupt in einem gewaltigen Geröllhaufen. Die Decke war an dieser Stelle eingestürzt, aber Rumpelstein ließ sich von diesem Hindernis nicht aufhalten, sondern bückte sich und kroch durch eine winzige Öffnung. Maggy hörte sein Schnaufen und fragte sich, ob er genauso große Angst wie sie hatte, dass die Gesteinsmassen jederzeit einstürzen könnten. Es war so eng, dass sie selbst als Spinne das Gefühl hatte, kaum noch Luft zu bekommen.

Erleichtert atmete sie auf, als sie eine intakte Treppe erreichten, die sie weiter in die Tiefe geleitete. Dort unten herrschte aber auch kein besserer Zustand. Es ging auf allen vieren weiter. An anderen Stellen musste Rumpelstein klettern, um über den Schutt zu gelangen.

Daran, wie er sich vorwärts bewegte, erkannte Maggy deutlich, dass er nicht zum ersten Mal hier war. Er führte sie in das Herz der Unterwelt, wo das Grundwasser einen schwarz glänzenden See gebildet hatte. Dieser befand sich in einem großen Raum, überwölbt von Stahlbeton, aus dem verbogene Stützpfeiler ragten.

Rumpelsteins Füße verursachten ein platschendes Geräusch, als er am Rand durch den Saal schritt. Dort häuften sich Steine, Erde und Schutt an. Aus einem der Geröllberge starrte ihnen das bleiche Gesicht einer Puppe entgegen, der ein Auge fehlte. Maggy wollte nicht darüber nachdenken, wer sie an diesem hoffnungslosen Ort verloren haben mochte.

Der Zwerg fing mit seinen bloßen Händen zu graben an, bis eine verborgene Luke zum Vorschein kam. Auch diese war mit einem Schloss gesichert, für das Rumpelstein den Schlüssel besaß. Knackend drehte er ihn und stemmte die Öffnung auf, aus der sich das grelle Licht einer Leuchtstoffröhre in die Dunkelheit ergoss. Geblendet klammerte Maggy sich an seinem Mantel fest, als er eintrat und mit einem lauten Knall die Luke wieder hinter sich verschloss.

Es war eine winzige, schlauchartige Kammer. Vier Stockbetten reihten sich an die Seiten. Über den Betonboden war ein alter Teppich ausgebreitet worden. In der Luft hing der Geruch von Urin, der vermutlich von einem Eimer neben der Tür herrührte. Leere Konservendosen und Plastikflaschen waren daneben ordentlich in Müllsäcken verstaut worden.

Von einer der Matratzen löste sich Evas zierlicher Körper, der in einer schmutzigen Jeans und einem langärmeligen Oberteil steckte, das an einem Ärmel zerrissen war. Sie trug nur noch einen Schuh. Dunkle Ringe lagen unter ihren Augen, die sich voller Furcht auf Rumpelstein richteten.

»Ich habe dir neue Verpflegung mitgebracht«, krächzte der Zwerg und holte aus seinen Manteltaschen zwei Flaschen Wasser, eine Dose und ein Stück Brot hervor. Er legte die Sachen auf einem der Betten ab. Als Eva nichts erwiderte und sich auch nicht rührte, nahm er die Konserve wieder an sich, zog die Verschlusskappe ab und stellte den Behälter geöffnet vor sie. »Ich hoffe, du magst Pfirsiche.«

Sie schaute weder auf das Etikett noch zu ihm, sondern nur sehnsuchtsvoll auf die geschlossene Luke. »Was wollen Sie von mir?«, wisperte sie ängstlich.

Das klang nicht so, als ob Eva wüsste, wen sie vor sich hatte, stellte Maggy fest. Wie war sie an diesen Ort gelangt? Hatte Rumpelstein sie womöglich entführt?

»Ich will dich nur beschützen«, stieß dieser hilflos aus. Maggy hatte ihn selten so bewegt erlebt. Es schmerzte ihn, dass das Mädchen sich vor ihm fürchtete.

»Sie müssen mich nicht beschützen«, widersprach Eva ihm. »Bitte! Lassen Sie mich einfach gehen! Ich werde niemandem von Ihnen erzählen. Oder wo ich gewesen bin – ich weiß es ja noch nicht einmal.«

»Das geht nicht«, widersprach Rumpelstein ihr entschieden. »Und jetzt hör auf, zu jammern!« Plötzlich klang seine Stimme nicht mehr nett, sondern gemein. »Es ist schon seltsam. In Engelland versuchst du alles, um mich davon zu überzeugen, dass ich dein Vater bin, und jetzt erinnerst du dich nicht einmal mehr an mich.« Zerknirscht setzte er nach: »Zumindest haben wir das jetzt gemeinsam.«

Er erinnert sich nicht an die Vergangenheit mit seiner Tochter und versteckt sie dennoch vor der Königin?, dachte Maggy verwirrt. Warum tut er das? Liegt es daran, dass Eva in Engelland sein Vertrauen gewinnen konnte?

»Sie müssen mich verwechseln«, beharrte diese aufgelöst. »Ich war noch nie in England.«

»ENGELLAND«, krähte der Zwerg genervt zurück.

»Ich weiß nicht, was für ein Ort das sein soll«, weinte Eva. Ihr fettiges Haar hatte sie zu einem Zopf geflochten. Unvorstellbar, welche Ängste sie ausgestanden haben musste.

Maggy hatte großes Mitleid mit ihr, aber auch mit Rumpelstein, der ihr nur zu helfen wollen schien, auch wenn er dafür bereit war, jeden anderen der Vergessenen Sieben zu opfern. Er half der Königin, um zu verhindern, dass sie hinter sein Geheimnis kam. Solange Eva lebte, würde auch Margery am Leben bleiben und Elisabeth somit sterben. Dadurch standen er und Maggy sogar in gewisser Weise auf derselben Seite.

Der Zwerg machte eine wegwerfende Handbewegung und wandte sich zum Gehen um. »Ach, das hat doch alles keinen Sinn«, fluchte er frustriert.

»Nein, warten Sie«, bat Eva mit bebender Stimme. »Bitte lassen Sie mich nicht wieder allein!«

»Ich habe keine Zeit, um bei dir herumzuhocken und Däumchen zu drehen«, maulte Rumpelstein zurück, aber blieb dennoch stehen, um ihr ins Gesicht blicken zu können.

»Wie lange muss ich noch hierbleiben?«, wollte Eva von ihm wissen.

Ihr Vater grinste sie mit seinen verfaulten Zähnen an. »In fünf Tagen ist alles vorbei.«

Eva beruhigte diese Antwort keineswegs, denn sie verstand nicht, was das heißen sollte. »Werden Sie mich dann freilassen?«

Er zuckte mit den Schultern. »Wenn ich dann noch lebe, gewiss.«

Das Mädchen konnte nicht länger an sich halten und begann, heftig zu schluchzen, was Rumpelstein endgültig in die Flucht schlug. Maggy blieb auf seinem Rücken sitzen, obwohl sie Eva gern geholfen hätte. Aber wie? Was konnte sie als Spinne schon ausrichten? Und selbst wenn sie in der Lage gewesen wäre, sich zurückzuverwandeln, hätte Eva sie vermutlich nicht erkannt.

Dennoch hatte es sie weitergebracht, Rumpelstein zu folgen, denn nun wusste sie, wo er die Träumerin gefangen hielt. Auch wenn es ungewiss war, ob es ihr gelingen würde, den Bunker in dem Labyrinth aus Gängen und Schuttbergen wiederzufinden. Aber sollte es ihr je gelingen, zu Margery und den anderen Sieben Kontakt aufzunehmen, könnte sie diese zu dem Turm führen. Gemeinsam würden sie es schon irgendwie schaffen, zu Eva durchzudringen. Aber vorerst würde sie weiter bei dem Zwerg bleiben. Wer wusste schon, wohin er sie als Nächstes mitnehmen würde?

Die Wächterin der Nacht

Donnerstag, 25. Oktober 2012

21.00 Uhr

Königswinter, Villa Rheinstolz

Eine warme Brise fuhr über Lavenas nackte Arme, als sie am Ufer des Rheins saß und ihren Gedanken nachhing. Es war eine laue Herbstnacht, die mehr an einen Sommerabend als den Vorboten des Winters erinnerte. Die meisten Menschen freuten sich wahrscheinlich über diese überraschend milden Temperaturen, unwissend, dass sie den Anfang vom Ende bedeuteten. Auch wenn die Sirenen, die seit dem Sternenregen durch die Nacht hallten, ein anderes Lied sangen. Ob viele Menschen zu Schaden gekommen waren?

Das tatsächliche Ausmaß würde ihnen erst am nächsten Tag bewusst werden, wenn die Sonne ihnen so drückend heiß auf die Köpfe schien, dass sie sich kaum aus dem Schatten wagen konnten.

Lavena konnte die Sonne nicht verstehen. Es war das eine, wenn sie einander verachteten, aber sollten sie nicht beide die Menschen lieben? Warum ließ die Sonne sie für etwas leiden, das Lavena ihrer Ansicht nach verbrochen hatte?

In Engelland hatte sie sich nie viele Gedanken um die Sonne gemacht. Zwar wusste sie von ihrer Existenz, aber es schien unmöglich, dass sie einander jemals begegnen konnten. Sie waren beide Teil einer gemeinsamen Welt und hätten doch nicht weiter voneinander entfernt sein können. Die Sonne wachte über den Tag und der Mond über die Nacht – Lavena hatte dieses Gesetz gebrochen, als sie ihr Licht am Tag gezeigt hatte.

Nicht nur das – sie war ein Mond zu viel in dieser Welt. Vermutlich fühlte sich die Sonne bedroht durch sie und ihre Schwester, die Mondfrau. Diese war an den Himmel zurückgekehrt und hielt tapfer die Stellung. Nur wenige Sterne waren ihr als Unterstützung geblieben. Ihr Licht spiegelte sich in dem großen Fluss, der Lavenas Füße kühlte.

Margery und die anderen hatten sich in die Villa zurückgezogen, um etwas Schlaf zu finden. Abwechselnd würden sie Wache halten, um nicht von einem weiteren Angriff überrascht zu werden.

»Bleib nicht mehr zu lange draußen«, hatte Simonja sie gebeten, bevor auch sie gegangen war.

Lavena konnte nicht in der Nacht schlafen. Sie hätte den anderen anbieten können, dass sie aufblieb und die Umgebung im Auge behielt, so wie sie es bereits ihr ganzes Leben lang tat. Aber insgeheim hatte sie gewusst, dass das nicht ausreichen würde. In ihrer letzten Nacht in Engelland war sie vom Himmel herabgestiegen, um eine einzelne Person zu retten. Nicht Margery, sondern Arian. Es war immer Arian gewesen. Ihre Schicksale waren miteinander verknüpft. Sie war bereit gewesen, alles für ihn zu opfern: ihr Leben und ganz Engelland.

Das Leben eines Einzelnen hatte ihr mehr bedeutet als das unzähliger. Vielleicht hätte sie sich erneut so entschieden, wenn Arian in diesem Augenblick bei ihr gewesen wäre. Wenn sein starker Arm um ihre Hüfte gelegen hätte, ihre Finger miteinander verflochten wären und sein Bart über ihre Wange gekratzt hätte. Ihre Herzen schlugen immer im selben Takt, sobald sie vor dem anderen standen. Sie passten sich einander an und verschmolzen zu einem.

Von Angesicht zu Angesicht hätte sie es niemals über sich gebracht, ihn zu verlassen. Davon abgesehen, dass er sie nicht hätte gehen lassen. Aber er war nicht bei ihr. Vielleicht würde er es nie wieder sein.

Sie sollte Hoffnung bewahren und sich nicht so dunklen Vermutungen hingeben, aber der vergangene Tag hatte deutlich gezeigt, dass keiner von ihnen sicher war. Arian hatte das auch gewusst, als er sich entschloss, zu seinem Rudel zurückzukehren, um es von Simonja und ihr abzulenken. Dadurch hatte er ihre Leben gerettet, aber musste nun dafür mit seinem bezahlen. Alles hatte einen Preis.

Auch sie war bereit, ein Opfer zu bringen, aber nicht ohne zuvor mit der Sonne gesprochen zu haben. Sie musste wissen, dass ihr Tod nicht sinnlos war, sondern sie damit tatsächlich das Leben der Menschen retten konnte. Sie war ihnen verpflichtet. Die Erdenmutter hatte sie nur zu dem Zweck erschaffen, um in der Nacht über die Menschen zu wachen. Wenn sie dieser Aufgabe nicht mehr gerecht werden konnte, war ihr Licht bedeutungslos.

Unterhalb des Horizonts, hatte die Mondfrau gesagt, sei es möglich, dass Sonne und Mond einander begegneten. Aber wie sollte sie dorthin gelangen? War der Horizont nicht endlos?

Schon früher hatten die Menschen versucht, das Ende zu erreichen, bis sie verstanden, dass die Erde eine Kugel war, die keinen Anfang und kein Ende besaß. Dennoch musste es möglich sein.

Lavena richtete den Blick zum Mond, um ihrer Schwester mitzuteilen, dass sie sich entschieden hatte. »Ich werde nicht an den Himmel zurückkehren«, sagte sie leise, mehr zu sich selbst. Es war nicht nötig, dass sie schrie oder auch nur die Lippen bewegte – ihre Gedanken waren mit denen der Mondfrau verbunden.

Als Reaktion darauf spürte sie das tiefe Bedauern ihrer Schwester.

»Aber ich werde auch nicht kampflos untergehen«, setzte sie entschlossen hinterher. »Es ist an der Zeit, dass Sonne und Mond Frieden miteinander schließen. Wenn es uns gelingt, schaffen es vielleicht auch andere. Wirst du mir dabei helfen?«

Die Mondfrau hatte ihr gesagt, dass sie nicht wüsste, wie man unterhalb des Horizonts gelangte, aber vom Firmament aus konnte sie die Welt überblicken. Sah sie von dort oben wirklich nichts, das Lavena weiterbringen konnte?

Ihre Antwort kam in Form eines gebündelten Lichtstrahls, der den Rhein in einen silbrigen Glanz tauchte. Folge dem Wasserlauf, schienen die Wellen zu wispern, doch ihre Worte waren nur in Lavenas Kopf.

Dankbar nickte sie ihrer Schwester zu. Sie war bereit für ihren letzten Weg, aber sie war froh, dass sie diesen nicht allein beschreiten musste.

Bevor sie ging, wandte sie sich zu der Villa um, die sich dunkel gegen den Himmel abhob. Sie glaubte nicht, dass sie noch einmal dorthin zurückkehren würde.

»Lebt wohl, Freunde«, flüsterte sie gegen das Rauschen des Flusses an. Sie hatten zueinander gefunden, um einen Krieg zu verhindern, doch nun musste jeder von ihnen sich seinem eigenen Kampf stellen. Ihre Herzen blieben miteinander verbunden und erst wenn jedes von ihnen aufhörte, zu schlagen, wäre alles verloren.

Das Licht des Mondes begleitete Lavena entlang des Flussufers, bis sie auf einen Bootssteg stieß, an dem ein einsames Ruderboot befestigt war. Dieses war irgendwann einmal weiß gewesen, doch die Farbe war abgeblättert und das Holz wirkte morsch. Es wirkte, als ob es schon seit sehr langer Zeit nicht mehr benutzt und von seinen einstigen Besitzern vergessen worden wäre.

Das Mondmädchen hatte schon immer eine Schwäche für Dinge und Menschen gehabt, die niemand sonst zu lieben vermochte. Sie hätte kein besseres Boot finden können, das sie über die Wellen zum Horizont tragen konnte.

Vorsichtig kletterte sie in den wackligen Rumpf und machte sich daran, das Tau zu lösen. Sie bekam ganz grüne Finger davon, da sich nach der langen Zeit, die es schutzlos jedem Wetter hatte standhalten müssen, Algen darauf gebildet hatten. Zudem war es rau und ließ sich nur schwer bewegen. Aber sein Widerstand bewies Lavena nur, dass es genau das richtige Boot für sie war. Es störte sie auch nicht, dass es keine Ruder gab, denn die brauchte sie ohnehin nicht – sie würde sich von der Strömung treiben lassen.

Ihre Hände schmerzten, als sie den letzten Knoten endlich mit einem Ruck lockern konnte und das Boot langsam in die Mitte des Flusses gezogen wurde. Dort war das Wasser nicht mehr ganz so ruhig und träge, wie es am Ufer den Anschein gemacht hatte, sodass Lavena ordentlich hin und her geschaukelt wurde. Sie musste sich an den Rädern festklammern, um nicht herauszufallen.

Die Landschaft zog an ihr vorbei. Häuser reihten sich in der Ferne aneinander, in manchen durchbrach sogar ein Licht die Nacht. Kirchtürme ragten aus den Dörfern hervor und in den Städten waren es die Hochhäuser. Hinter den Gebäuden verbargen sich so viele Menschen, die gewiss nicht alle gut waren, aber es dennoch verdienten, zu leben. Keiner von ihnen sah das Mondmädchen, wie es durch die Dunkelheit glitt. Und selbst wenn, hätten sie es wohl für einen Traum gehalten.

Je weiter der Rhein sie mit sich trug, umso sicherer wurde Lavena darin, dass sie das Richtige tat. Vor sich sah sie den rot glühenden Horizont leuchten, der niemals näher zu kommen schien. Dieser Anblick wurde jedoch unterbrochen, als sich plötzlich eine Insel mitten aus dem Wasser erhob. Sie war wie eine Landzunge, die ihre Verbindung zum Festland verloren hatte. Vermutlich hätte eine lange Brücke gereicht, um die beiden Flächen miteinander zu verbinden, aber Lavena konnte keine entdecken.

Das Licht der Mondfrau löste sich von dem kleinen Holzboot und tanzte über den Fluss hin zu dem grasbewachsenen Ufer des kleinen Eilands.

Soll ich dort haltmachen?, fragte Lavena sich irritiert. Sie hatte nicht erwartet, dass ihre Reise so schnell ein Ende finden würde.

Siehst du es denn nicht?, entgegnete ihre Schwester. Was ist das Einzige, das umgeben von Wasser, so weit das Auge reicht, den Horizont zu durchbrechen vermag?

Eine Insel, schoss es Lavena durch den Kopf. Natürlich musste es eine Insel sein, an der Sonne und Mond sich begegnen konnten. Auch Engelland war eine Insel gewesen, wenn auch eine viel größere. Sie brauchte nicht an das andere Ende der Welt zu reisen, um ihr Ziel erreichen zu können. Die Fäden liefen alle an diesem Ort zusammen, der Engelland so ähnlich und doch ganz anders war.

Da es ihr ohne Ruder unmöglich war, das Ufer mit dem Boot zu erreichen, blieb ihr nichts anderes übrig, als in die Fluten zu springen und mit Händen und Füßen gegen die Strömung anzukämpfen. Sie konnte nicht schwimmen, aber das brauchte sie auch gar nicht, wie sie bald bemerkte. Sobald sie aufhörte, sich gegen die Wellen zu sträuben, und zuließ, dass der Fluss sie in seine Tiefen hinabzog, konnte sie unter Wasser atmen. Es war logisch, wenn man bedachte, dass sie bei Tag auf dem Grund eines Sees ruhte.

Nachdem sie den ersten Schreck überwunden hatte, lief sie am Boden des Flusses bis zu der Insel und stieg zum Ufer hoch. Tropfend ließ sie sich im hohen Gras nieder und lauschte für einen Moment dem Wispern der Blätter im Wind.

Soweit sie es erkennen konnte, handelte es sich um eine sehr kleine Insel, auf der es nicht mehr als ein Gebäude zu geben schien, welches von Bäumen gesäumt wurde. Es war auf einem grasbewachsenen Hügel erbaut, sodass man dort von einem Ende des Eilands bis zum anderen blicken konnte. Eine Mauer umschloss das Innere, welches mit seinen Rundbogenfenstern, Türmen, Giebeln und Schieferdächern an einen Ort aus einer anderen Zeit, vielleicht sogar aus einer anderen Welt, erinnerte. Es war ein Platz, an dem man sich gut verstecken konnte – abgelegen und ohne Boot nur schwer zu erreichen.

Auf wen würde Lavena dort treffen? Freund oder Feind? Manchmal ließ sich das nicht deutlich voneinander trennen, weil Freunde schnell zu Feinden werden konnten. Aber genauso gut konnte mancher Feind einem die Hand zur Versöhnung reichen.

Eine Nachricht für Margery

Donnerstag, 25. Oktober 2012

23.30 Uhr

Bonn, Schlosskommende Ramersdorf, Raum der Wahrheit

Das Flackern des Kerzenlichts warf zuckende Schatten an die hohen Wände. Goldene Säulen führten zu einer gewölbten Decke, die einen falschen, mondlosen Nachthimmel zeigte. Die funkelnden Sterne bestanden aus geschliffenem Bernstein und boten einen beeindruckenden Anblick, der dennoch nicht die Schönheit der Wirklichkeit einfangen konnte.

Niemand hatte öfter oder sehnsuchtsvoller den Blick zum Firmament gerichtet als Arian. Er kannte jede seiner Facetten, ob dunkel als Vorbote eines Sturms oder von Wolken zerrissen, wenn das Schlimmste bereits überstanden war. Seitdem er Lavena kennengelernt hatte, lebte er nach den Phasen des Mondes. Je weiter sich dieser von Engelland entfernte, umso unerträglicher wurde sein Verlangen. Sobald er sich der Erde wieder zuwandte, wuchs Arians Ungeduld, da er wusste, dass nun das nächste Wiedersehen mit seinem Mondmädchen nicht mehr fern war.

Er liebte Lavena auf eine Weise, die ihn sowohl erfüllte als auch auszehrte, weil er in der Zeit ohne sie nur mit halbem Herzen lebte.

Obwohl er besser als jeder andere den echten von dem falschen Sternenhimmel zu unterscheiden vermochte, verlor er sich in den Edelsteinlichtern, die das Licht der Kerzen widerspiegelten. Gefangen in seinem regungslosen Körper lag er auf einer Liege, während sein Verstand hellwach war. Er konnte weder seinen Kopf drehen noch den kleinen Finger heben. Nichts funktionierte mehr, sogar seine Zunge lag schwer in seinem Mund, als wäre sie kein Teil von ihm, sondern ein nutzloser, nasser Lappen.

Umso deutlicher nahm er dafür jede Berührung wahr – den schwachen Windhauch, der durch die feinen Haare an seinen nackten Armen fuhr, als die Tür geöffnet wurde.

Zuletzt hatte er sich noch mit seinen Brüdern und Schwestern im Verlies befunden. Das ganze Rudel hatte mit dem Ältesten von ihnen gelitten, den die Königin an die Wand genagelt hatte. Sein Schmerz war der ihre gewesen und mit jedem Atemzug war er qualvoller geworden. Irgendwann hatte er das Bewusstsein verloren und war in eine tröstende Dunkelheit gesunken.

Erst in diesem unbekannten Raum war Arian wieder zu sich gekommen. Seine Familie konnte er an diesem Ort nicht spüren. Er wusste nicht, was aus ihnen geworden war.

Der vergrößerte Schatten einer Person legte sich über den Bernsteinhimmel und löschte den Glanz der Sterne aus. Arian erkannte sie an ihrem Geruch, bevor ihr Atem sein Ohr streifte. Elisabeth stand hinter ihm und genoss seine Hilflosigkeit.

»Der große Wolf, niedergestreckt und hilfloser als jedes Lamm«, gurrte sie zufrieden.

Innerlich schrie er und warf sich gegen die Fesseln, die sein eigener Körper ihm auferlegt hatte. Sie musste ihm irgendein Gift verabreicht haben, das ihn lähmte. Nach außen hin konnte er nicht einmal knurren. Nur seine Augen zeigten den Hass, der in seiner Brust tobte.

Die falsche Königin trat neben ihn und ließ sich auf der Liege nieder. Ihr Körper streifte seinen, als sie sich zu ihm vorbeugte und ihre Hände um sein Gesicht legte. Er sollte sie ansehen und wissen, wer ihm das angetan hatte.

»Wie konntest du nur so dumm sein, dich gegen mich zu stellen, obwohl der Tod uns bereits aneinander gebunden hatte?«, fragte sie ihn herablassend. »Hättest du nicht wissen müssen, dass das niemals gut für dich ausgehen kann?«

Das Schicksal hatte ihm die eine Bürde auferlegt, doch für die andere hatte er sich selbst entschieden. Es war sein freier Wille gewesen, sich gegen diese Fessel aufzulehnen und an ihr zu reißen, bis sie zerriss. Es war ein verzweifelter Versuch gewesen, um Engelland und auch sich selbst zu befreien. Doch nun war er es, der daran zerbrach.

»Sollte es nicht die Retterin Engellands sein, die sich für ihr Volk aufopfert?«, meinte sie zynisch. »Stattdessen lässt sie zu, dass andere für sie ihr Herz riskieren. Wie kann sie die weiße Kraft sein, wenn Leichen ihren Weg säumen und Blut von ihren Lippen tropft?«

Ihre Worte waren wie Benzin auf dem Feuer seiner Zweifel. Er hatte in Margery nie die unschuldige Prinzessin gesehen. Sie war lediglich die bessere Alternative gewesen. Wer konnte schon grausamer als die Königin sein?

»Du weißt, wie hell ein reines Licht zu strahlen vermag.« Elisabeth löste ihre Hände von seinem Kopf und ließ ihre Finger über seinen Hals fahren. »Der Wolf und der Mond – selbst ich habe von ihrer unerfüllten Liebe gehört. Die Menschen lieben solche Geschichten. Ließ sich auch der Mond von der Prinzessin blenden?«

Panik stieg in Arian auf und er versuchte, sich innerlich vor der Königin zu verschließen. Er durfte ihr nichts von Lavena verraten, doch in seinem Zustand fühlte er sich ihr ausgeliefert.

»Es war eine mondlose Nacht, als die Sieben zusammenfanden, nicht wahr?«, hakte sie nach und lächelte, als sie die Angst in seinem Blick bemerkte. Seufzend presste sie ihren Zeigefinger auf seinen Mund. »Deine Lippen sind versiegelt. Welche Geheimnisse du auch vor mir verbirgst, sie gehören dir. Keines davon wird bald noch von Bedeutung sein, genauso wenig wie du. Bereits jetzt bist du vergessen.«

Sie küsste ihn. Es war ein Kuss, der nach Abschied schmeckte.

Wenn es doch nur Lavenas Mund gewesen wäre, der sich zuletzt auf seinen gelegt hätte. Wenn er sie doch nur ein einziges Mal noch hätte sehen können.

»An mich wird man sich ewig erinnern. Ich bin die böse Königin, die Kindern das Fürchten lehrt. Sie behaupten, dass sie mich verabscheuen, aber es ist ihre Faszination, die mich unsterblich macht. Jedes Kind wird irgendwann einmal erwachsen und dann erkennen sie, dass das Böse auch in ihrer Seele wohnt. Es ist so viel leichter, sich mit mir zu identifizieren, als mit einer scheinbar perfekten Prinzessin.«

Arian spürte die Wahrheit in ihren Worten. Er wusste, was es bedeutete, wenn die Dunkelheit Besitz von einem ergriff. Seine Seele war nicht rein. Ohne Erbarmen oder Reue war er mit seinem Rudel durch den Finsterwald gestreift. Viele Menschen waren ihnen zum Opfer gefallen.

Elisabeth zog aus dem Saum ihres Kleides eine lange Stricknadel hervor, die jedoch über eine spitze Seite verfügte. Sie hielt diese direkt vor sein Gesicht.

Sein Puls schnellte in die Höhe, da er ahnte, dass seine letzten Sekunden auf Erden gerade begonnen hatten. So viele Dinge waren noch unerledigt. Er wusste nicht einmal, wie es Lavena ging, nachdem die Sonne sie entdeckt hatte. Sie hatte vor Schmerz gezuckt und gewimmert, als er sie verlassen hatte. Nur um sie zu retten.

Alles hätte er für sie getan – selbst sein Herz einer Person geöffnet, der er nicht vertraute. Es schmerzte ihn mehr als alles andere, dass er Lavena in ihrem Kampf gegen die Sonne nicht beistehen konnte. Nicht, weil er daran zweifelte, dass sie siegen könnte, sondern weil er sie noch ein letztes Mal glänzen sehen wollte. Wenn er an etwas auf dieser Welt glaubte, dann an sie.

Eine Träne löste sich aus seinem Augenwinkel, die im Kerzenlicht schimmerte, als sie über seine Wange floss. Als die Königin diese bemerkte, breitete sich ein hämisches Grinsen auf ihrem Gesicht aus. Sie beugte sich über ihn und leckte ihm die Träne von seiner Haut. Genießerisch schloss sie die Augen.

»Der Geschmack von Tränen«, seufzte sie. »Es gibt kaum etwas Köstlicheres, abgesehen von Blut natürlich.«

Sie wusste, warum sie ihn vergiftet hatte. Es hätte nicht gereicht, ihn zu fesseln oder festzuketten. Bis zu seinem letzten Atemzug hätte er sich gegen sie gewehrt, aber derart bewegungslos wünschte er sich nur noch, dass es so schnell wie möglich vorbei war.

Die spitze Seite der Nadel fuhr über seine Haut, ohne ihn zu verletzen.

»Sosehr ich mich auch an deinem Leid erfreue, ist es noch zu früh, um Tränen zu vergießen«, verspottete sie ihn. »Noch erlöse ich dich nicht. Du bist mir noch etwas schuldig.« Ganz langsam bohrte sie die Nadel in seine Brust. »Margery soll wissen, dass du bei mir bist.«

Immer tiefer drang die Spitze in sein Fleisch vor. Glühender Schmerz jagte durch seinen Körper und versengte jede Faser, während sein Herz sich mit einem heftigen Pochen gegen den Angriff wappnete.

»Ich könnte dich töten«, wisperte Elisabeth. »Jederzeit.«

Die Nadel fand sein Innerstes und bohrte sich in die schwarze Mitte, wie ein Pfeil in das Zentrum einer Zielscheibe. Dort verharrte sie einige qualvolle Atemzüge lang, ehe die Königin sie wieder herauszog.

»Schlaf gut, mein böser Wolf«, wisperte sie ihm zu. »Das ist das letzte Mal, dass wir einander sehen, denn wenn du wieder zu dir kommst, werde ich nicht mehr da sein. Dies ist ein Ort ohne Wiederkehr. Schon bald wirst du verstehen, dass die Wahrheit grausamer als jede Lüge sein kann.«

Ein geteiltes Geheimnis

Donnerstag, 25. Oktober 2012

23.30 Uhr

Königswinter, Villa Rheinstolz

Will spürte einen Ruck neben sich, als Margery aus dem Schlaf aufschreckte. Sie atmete schwer und presste eine Hand auf ihr Herz. Entsetzen stand in ihrem Gesicht, bevor sich ihre Augen mit Tränen füllten. Ein Schluchzen löste sich aus ihrer Kehle, das sie unterdrückte, indem sie ihre Lippen aufeinanderpresste.

»Was hast du?«, fragte er sie besorgt, obwohl er sich vor der Antwort fürchtete.

Sie durften nicht noch jemanden verloren haben. Nicht in so kurzer Zeit – eigentlich überhaupt nicht. Philipps Tod war schlimm genug. Er wusste nicht, ob Margery noch mehr verkraften würde. Sie quälte sich ohnehin schon damit, dass andere ihr Leben für sie riskierten, während sie nur abwartete und nichts tun konnte.

Sanft berührte er sie am Arm. »Bitte sag doch etwas«, bat er, da sie nur stumm auf den staubigen Boden starrte.

Sie wandte ihm ihr Gesicht zu. Sobald ihre Blicke sich begegneten, konnte sie die Tränen nicht länger zurückhalten. »Arian«, flüsterte sie verzweifelt.

Will schlug die Augen nieder und atmete tief durch. Er hatte den Wolf genauso wenig gekannt wie den Prinzen, aber sie hatten Seite an Seite gekämpft. Sie verdienten es nicht, zu sterben – keiner von ihnen. Heute hatte es die beiden getroffen, wer würde es morgen sein? Würde überhaupt jemand von ihnen übrig bleiben, um gegen die Königin zu kämpfen?

»Soll ich die anderen holen?«, fragte er leise.

Nach dem Besuch der Mondfrau hatten sie in der Gruppe noch eine Weile darüber gesprochen, wie es nun weitergehen sollte, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Sobald sie sich auf einen Feind konzentrierten, könnte ein anderer sie umso leichter angreifen. Es ging längst nicht mehr nur um die böse Königin. Vlad Dracul stellte ebenfalls eine Bedrohung dar, genauso wie nun auch die Sonne. Frustriert hatten sie vereinbart, die Entscheidung auf den nächsten Morgen zu vertagen, und sich alle in einen Flügel im Erdgeschoss zurückgezogen, den zwei von ihnen abwechselnd bewachten, um nicht noch einmal von den Jägern der Königin überrascht zu werden.

Margery schüttelte den Kopf. »Arian ist nicht tot. Elisabeth wollte mich nur wissen lassen, dass er sich in ihrer Gewalt befindet.«

Will atmete auf, auch wenn es an dieser Nachricht kaum etwas Erfreuliches gab. Arian war zwar nicht tot, aber das war nur eine Frage der Zeit.

»Sollten die anderen nicht trotzdem Bescheid wissen?«

»Nein, lass sie schlafen«, entschied Margery nachdrücklich. »Es gibt nichts, was wir jetzt tun könnten, und sie müssen sich etwas erholen. Zumindest heute wird sie Arian nichts mehr antun. Es geht ihr nicht um ihn, sondern um mich. Sie benutzt ihn genau wie meinen Vater als Druckmittel.«

Er widersprach ihr nicht. Was hätte er auch sagen sollen? Dass sie Philipp dennoch getötet hatte? Trotzdem fühlte er sich nicht wohl damit, die anderen in Unwissenheit zu lassen, selbst wenn es zu ihrem Wohl war. So wie er Simonja bisher kennengelernt hatte, würde sie sich verraten fühlen, wenn sie erst am nächsten Morgen von Arians Gefangennahme erfuhr. Lavena sollte es ebenfalls wissen.

Wie würde er sich fühlen, wenn er herausfinden sollte, dass Margery wusste, dass Maggy in höchster Gefahr schwebte, aber ihm nichts davon sagte? Er wäre außer sich vor Wut, so gut ihre Absichten auch gewesen sein mochten.

Maggy. Wenn er an sie dachte, krampfte sich sein Herz vor Sorge zusammen – sein eigenes Herz. Das Herz, welches immer nur ihm gehört hatte. Er konnte nur hoffen, dass Vlad Dracul sie gut behandelte. Es wurde Zeit, dass sie zu ihnen zurückkehrte. Sie brauchten sie. Er brauchte sie. Nicht als Hexe, sondern als Freundin. Ihre Magie war ein Bonus, aber es waren ihre Empathie und ihr kluger Verstand, die sie auszeichneten.

»Wirst du es ihnen morgen früh sagen?«, hakte er nach. Daran, wie sie mit ihrer Antwort zögerte, erkannte er, dass er zu Recht Zweifel daran hatte. Diese Tatsache schockierte ihn. Sie konnte doch nicht vor den anderen verheimlichen, dass Elisabeth Arian in ihrer Gewalt hatte!

Margery bemerkte seine Fassungslosigkeit und versuchte, ihn zu beschwichtigen. »Hatten wir nicht ohnehin alle bereits die Befürchtung, dass Elisabeth hinter Arians Tarnung gekommen sein könnte? Im Grunde ändert sich doch nichts!«

»Wir haben jetzt Gewissheit«, raunte Will bestimmt. »Die anderen haben ein Recht, es zu erfahren!«

»Wozu?«, konterte Margery uneinsichtig. »Dadurch würden sie sich nur zu leichtsinnigen Handlungen hinreißen lassen, die niemandem helfen. Wir dürfen nicht riskieren, noch jemanden zu verlieren, und müssen uns jeden unserer Schritte gut überlegen.«

Will konnte sie zum Teil sogar verstehen, dennoch schockierte es ihn, was sie vorschlug. »Nur weil sie Arian nicht heute getötet hat, bedeutet das nicht, dass er in Sicherheit ist. Vermutlich braucht er unsere Hilfe. Wir können ihn nicht im Stich lassen.«

»Das tun wir auch nicht«, widersprach Margery gekränkt. »Wir werden Elisabeths Spendenball nutzen, um uns Zutritt zu ihrem Anwesen zu verschaffen. Bei dieser Gelegenheit werden wir natürlich auch versuchen, Arian zu befreien. Etwas anderes können wir nicht tun.«

Ein Tag kann bereits zu lange sein, dachte Will. Er hatte die falsche Königin erlebt. Sie war ungeduldig und liebte es, andere leiden zu sehen. Zudem hatte Arian sie verraten. Niemals würde sie ihn ungeschoren davonkommen lassen. Nicht einmal, wenn Margery sich ihr freiwillig ausliefern würde. Diese Möglichkeit kam jedoch nicht infrage. Deshalb wusste er nicht, wie sie Arian helfen sollten. Vermutlich hatte Margery mit ihrer Überlegung also sogar recht.

Sie schaute ihm flehend in die Augen. »Bitte, Will«, flüsterte sie bewegt. »Zwing mich nicht dazu, die anderen einzuweihen. Wir würden ihnen damit keinen Gefallen tun.« Ihr Gesicht glänzte feucht in dieser ungewöhnlich hellen Nacht.

Er glaubte ihr, dass sie für alle nur das Beste wollte, dennoch traf ihre Bitte ihn. Es passte nicht zu ihr, anderen bewusst etwas zu verheimlichen, nicht einmal zu deren eigenem Schutz. Dieser Wesenszug war neu an ihr und hatte beinahe etwas Berechnendes an sich. Sie behielt die Kontrolle, während alle anderen in Unwissenheit taumelten. Es ging ihr nur darum, sie vor falschen Entscheidungen zu bewahren, aber woher nahm sie sich das Recht, darüber zu urteilen? Fürchtete sie vielleicht eher, dass sie sich gegen sie wenden könnten?

Er wollte nicht schlecht über sie denken. »In Ordnung«, stimmte er ihr unglücklich zu. »Ich werde niemandem etwas sagen. Aber bitte versprich mir, dass du zu mir immer ehrlich sein wirst, selbst wenn die Wahrheit schmerzhaft ist.«

Dieses Mal zögerte sie nicht mit ihrer Antwort. »Ich verspreche es dir!« Sie drückte seine Hand, als Zeichen dafür, dass es ihr ernst war.

Will lehnte seine Stirn gegen ihre und wünschte sich, dass er ihr hätte glauben können, doch die Zweifel hatten bereits Wurzeln in seinem Herzen geschlagen. Es lag nicht nur an ihm oder Maggy, dass seine Gefühle für Margery sich verändert hatten, sondern auch an ihr.

Tief in seinem Inneren wusste er, dass sie früher niemals von ihm verlangt hätte, ein solches Geheimnis für sich zu behalten. Hatte der Verlust von Philipp sie vielleicht mehr getroffen, als sie zugab oder sich selbst eingestehen konnte? Was, wenn sie mit ihm nicht nur einen Teil ihres Herzens, sondern auch ihrer selbst verloren hatte? Würde auch der Tod von Arian sie verändern, sollte es dazu kommen? Wie oft konnte sie sterben, bis sie daran zerbrach? Würde am Ende überhaupt noch etwas von dem Mädchen übrig sein, in das er sich in Engelland verliebt hatte?

Freitag,

26. Oktober 2012

Noch 5 Tage

Die Schöpferin

Freitag, 26. Oktober 2012

0.30 Uhr

Bad Honnef, Rheininsel Nonnenwerth

Ein schweres Eisentor hinderte Unbefugte daran, das Gebäude hinter den hohen Mauern zu betreten. Lavena war eine Weile an diesen entlanggeschritten, bis sie auf den verschlossenen Eingang gestoßen war. Daneben befand sich ein goldenes Schild, auf dem geschrieben stand:

Kloster

Insel Nonnenwerth

Ein Kloster war ein alter Ort, der sicher eine lange Geschichte zu erzählen hatte. Es passte, dass die Mondfrau sie dorthin geführt hatte, auch wenn sie noch nicht erkennen konnte, wie ihr das dabei helfen sollte, der Sonne zu begegnen.

Sie suchte vergeblich nach einer Klingel, als plötzlich ein elektrisches Licht hinter dem Tor ansprang und leise Schritte auf dem Kiesweg zu hören waren. Kurz darauf wurde die Tür einen Spaltbreit geöffnet und Lavena blickte in das faltige Gesicht einer Nonne.

»Tritt ein, Kind«, forderte diese sie mit einem hektischen Winken auf. Es schien sie nicht zu wundern, dass mitten in der Nacht ein nasses, aber vor allem leuchtendes Mädchen vor ihrem Tor stand.

Schnell schlüpfte Lavena durch die Öffnung, welche die Alte hinter ihr sofort wieder verschloss, als fürchte sie, dass noch mehr ungebetene Gäste vorbeischauen könnten.

»Vielen Dank, dass Sie mir Eintritt gewähren«, sprach Lavena sie dankbar an.

Doch die Nonne machte eine wegwerfende Handbewegung und wackelte mit krummem Rücken zum größten der drei Gebäudekomplexe. »Komm nur mit, du bist ja ganz nass«, murmelte sie in einem sowohl tadelnden als auch mütterlichen Tonfall. Sie fragte nicht, wie Lavena zu dieser Uhrzeit auf die Insel gekommen war oder was sie wollte. Wusste sie beides bereits?

Blumenbüsche wuchsen entlang der Mauern, die einen süßlichen Duft verströmten, obwohl die Blüten bei Nacht geschlossen waren. Erster Tau bildete sich auf den Blättern, was Lavena verriet, dass ein neuer Tag bereits angebrochen sein musste und der Sonnenaufgang nicht mehr fern war.

An der Klostertür wurden sie von zwei anderen Schwestern in grauer Tracht empfangen. Die jüngere der beiden breitete über Lavenas Schultern ein weiches Handtuch aus. »Willkommen«, grüßte sie dazu freundlich.

»Danke«, erwiderte Lavena irritiert.

Warum schien sie jeder an diesem Ort bereits zu kennen? Es wirkte gerade so, als hätte man nur auf sie gewartet. Hatten die Nonnen gewusst, dass sie zu ihnen kommen würde, noch bevor sie sich dazu entschieden hatte?

»Bist du durstig oder hungrig? Es ist noch etwas Eintopf da, den wir …«, sagte die dritte Nonne aufgeregt zu ihr, bis sie von jener, die Lavena das Tor geöffnet hatte, harsch unterbrochen wurde.

»Sie ist der Mond. Irdische Bedürfnisse sind ihr fremd«, blaffte die Alte empört und lief vorneweg durch die Eingangshalle mit der hohen Decke, die ihre Schritte von den Wänden widerhallen ließ.

Das stimmte – Lavena brauchte weder zu trinken noch zu essen. Aber woher wusste diese Frau so viel über sie?

Die andere Nonne errötete, neigte beschämt den Kopf und sah zu, dass sie der anderen hinterherkam.

»Trotzdem danke für dieses großzügige Angebot«, meinte Lavena lächelnd und beschleunigte ihren Schritt, um zu der Älteren aufzuschließen. »Woher wissen Sie, wer ich bin?«, wollte sie von der Nonne wissen, die sich für eine alte Frau ziemlich flink bewegte.

Obwohl das Gebäude über Strom verfügte, erhellten nur ein paar Kerzen den Korridor, den sie nun betraten. Viele geschlossene Türen gingen davon ab.

»Das ist wohl kaum zu übersehen«, entgegnete diese stirnrunzelnd.

Die Antwort half Lavena nicht weiter. »Haben Sie gewusst, dass ich heute zu Ihnen kommen würde?«

»Das war doch absehbar«, krächzte die Alte. »Wer hat je davon gehört, dass es zwei Monde gibt?«

Lavena war sehr geduldig, deshalb ließ sie sich nicht von der abweisenden Haltung der Nonne einschüchtern. »Wissen Sie, warum ich hier bin?« Das wäre interessant zu erfahren, denn Lavena selbst hatte keine Ahnung.

Doch die Frau blieb ihr eine Antwort schuldig, denn sie erreichten eine doppelflügelige Tür. Dahinter verbarg sich ein Saal, in dem sich sämtliche Nonnen, die das Kloster bewohnten, versammelt zu haben schienen. Sie saßen alle an Tischen und erhoben sich nun, als Lavena eintrat. Etwa hundert Augenpaare blickten ihr staunend und erwartungsvoll entgegen.

»Gute Nacht«, rief Lavena unsicher.

Sie war überfordert mit der Situation, da sie zum einen nicht verstand, was hier vor sich ging, und zum anderen noch nie zuvor so vielen Menschen auf einmal persönlich gegenübergestanden hatte.

»Ich gebe der Oberin Bescheid, dass du eingetroffen bist«, teilte die alte Nonne ihr mit, ehe sie davoneilte und sie unter den fremden Frauen allein zurückließ.

Die junge Nonne, welche ihr das Handtuch gegeben hatte, schenkte ihr ein freundliches Lächeln. »Möchtest du dich vielleicht am Feuer etwas aufwärmen?« Sie deutete auf den prasselnden Kamin am anderen Ende des Saals.

»Gern«, erwiderte Lavena, froh darüber, dass jemand mit ihr sprach und sie nicht einfach stehen ließ.

Während sie durch die Reihen der anderen Frauen schritten, senkten diese ehrfürchtig die Köpfe, sobald das Mondmädchen an ihnen vorüberkam. An dem Tisch, der dem Kamin am nächsten stand, räumten die Nonnen ihre Plätze, damit Lavena sich setzen konnte. Ihre Beteuerungsversuche, dass es nicht nötig sei, dass sie für sie aufstanden, wurden überhört.

Eigentlich war ihr nicht kalt, dennoch empfand sie die Flammen als tröstlich und sie ließ sich das Handtuch von den Schultern gleiten, damit ihr Kleid besser trocknen konnte. Sie hatte nicht nur das Gefühl, dass hundert Augenpaare sie weiterhin beobachteten, sondern sie wusste, dass es so war.

»Ich verstehe nicht, was das hier für ein Ort ist«, gestand sie der jungen Nonne. »Vor wenigen Stunden erst bin ich aufgebrochen, um der Sonne unterhalb des Horizonts zu begegnen, und dann führte meine Schwester, der Mond dieser Welt, mich zu euch.«

»Die Oberin wird dir alles erklären«, versicherte diese ihr ausweichend.

»Wer ist die Oberin und woher weiß sie so viel über mich?«

»Niemand weiß, wer die Oberin wirklich ist oder woher sie irgendwann einmal kam«, antwortete sie mit gedämpfter Stimme. »Sie weiß alles über die Welt und ist schon länger hier als jede von uns.«

Lavena hielt es für unwahrscheinlich, dass jemand alles wissen konnte. Doch diese Oberin schien zumindest viel über sie zu wissen.

»War die Sonne auch schon einmal hier?«, fragte sie neugierig weiter.

»Nein, auch sie wird uns heute zum ersten Mal besuchen.« Ein aufgeregtes Lächeln glitt über das Gesicht der Frau und ein leises Murmeln breitete sich in dem Saal aus. Auch die anderen Nonnen waren nervös und konnten diesen denkwürdigen Moment kaum erwarten.

Lavenas Herzschlag beschleunigte sich ebenfalls. »Woher wisst ihr, dass sie heute zu euch kommen wird?«

»Du bist hier«, sagte die Nonne bedeutungsschwer. »Dort, wo der Mond ist, wird die Sonne ihm folgen.«

Die Oberin empfing Lavena am höchsten Punkt des Klosters in einem Turmzimmer. Obwohl viele Frauen fortgeschrittenen Alters zu den Nonnen gehörten, gab es keinen Aufzug, sodass Lavena erst Hunderte Stufen hatte erklimmen müssen. Das erklärte, warum es eine Weile gedauert hatte, bis die alte Nonne, die ihr das Tor geöffnet hatte, in den Gemeinschaftssaal zurückgekehrt war. Sie hatte Lavena aufgefordert, ihr zu folgen, und sie bis zu der Treppe geführt. Den Aufstieg hatte sie ihr aber allein überlassen, was Lavena ihr nicht verübeln konnte.

Der gesamte Turm verfügte über keine elektrische Lichtquelle, sodass die Nonnen diesen nur mit Taschenlampen oder Kerzen erhellen konnten. Während Lavena immer höher stieg, fragte sie sich, auf was für eine Frau sie treffen würde. Die Oberin musste schon sehr alt sein und schien die Abgeschiedenheit zu bevorzugen. Das Kloster an sich war durch seine Lage auf der Insel schon abgelegen, aber sie zog sich auch innerhalb der Mauern an einen einsamen Ort zurück. Von dort oben konnte sie sicher weit über das umliegende Land blicken und die Geschehnisse beobachten, ohne selbst ein Teil davon zu sein.

Warum mischte sie sich jetzt ein? Spürte sie, dass das Ende nah war?

Als Lavena die letzte Treppenstufe hinter sich gebracht hatte, fiel ihr silberner Schein auf eine geschlossene Holztür. Die Oberin musste sie bereits gehört haben, aber aus dem Raum war kein Geräusch zu vernehmen.

Nervös klopfte Lavena an.

»Tritt ein«, erklang eine weibliche Stimme aus dem Inneren, die sich nicht so alt anhörte, wie Lavena erwartet hätte. Aber der Schein konnte trügen.

Sie drückte die Klinke herunter und öffnete die Tür. Bereits auf den ersten Blick erkannte sie, dass sie den Raum dahinter schon einmal gesehen hatte. Sieben Fenster reihten sich an die Wand, die sich rundherum erschloss. Keines davon zeigte den nächtlichen Himmel über dem Rhein, sondern sie boten Aussicht in fremde Welten. Eine davon war Engelland.

Die Oberin stand mit dem Rücken zu ihr vor einem der Fenster. Noch ehe sie sich umdrehte, wusste Lavena, dass sie weder ein altes noch ein fremdes Gesicht erblicken würde, denn die Erdenmutter war alterslos. Alles, was die Nonnen ihr über sie erzählt hatten, ergab nun Sinn.

Freya trug zwar das graue Gewand der Nonnen, aber ansonsten hatte sie sich nicht verändert. Ihr langes braunes Haar war zu einem Zopf geflochten, der ihr über die Schulter fiel, und ihre Augen hatten immer noch diesen aufmerksamen Ausdruck, den kaum einer zu deuten vermochte.

»Mondmädchen«, sprach sie Lavena lächelnd an. »Es ist lange her.«

Sie waren einander nur ein einziges Mal begegnet. Es war der Tag von Lavenas Geburt gewesen. Keine Mutter hatte ihr das Leben geschenkt, sondern die Erdenmutter schuf sie aus Asche, Schnee und Blut. Ihr war nicht mehr als ein einziger Blick auf ihre Schöpferin gewährt gewesen, bevor diese sie in die kalte Welt verstoßen hatte. Anders als menschliche Kinder konnte Lavena sich an jeden Moment ihres Lebens erinnern – von der ersten Sekunde an.

»Warum hast du mir dieses Schicksal auferlegt?«, brach es bewegt aus ihr hervor.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739496825
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Juli)
Schlagworte
Brüder Grimm Grimm Rotkäppchen Hexe Märchenadaption Wolf Märchen Schneewittchen Mond Sonne Fantasy düster dark Romance Urban Fantasy Historisch

Autor

  • Maya Shepherd (Autor:in)

Maya Shepherd wurde 1988 in Stuttgart geboren. Zusammen mit Mann, Kindern und Hund lebt sie mittlerweile im Rheinland und träumt von einem eigenen Schreibzimmer mit Wänden voller Bücher. Seit 2014 lebt sie ihren ganz persönlichen Traum und widmet sich hauptberuflich dem Erfinden von fremden Welten und Charakteren. 2019 gewann Maya Shepherd mit den Grimm-Chroniken den Skoutz-Award in der Kategorie Fantasy.
Zurück

Titel: Unterhalb des Horizonts